Bedrückend aktuell
Der Himmel ist blau, der frühe Sommer in Deutschland punktet mit angenehmen Temperaturen, und ich lese das neue Werk des amerikanischen Autors T. C. Boyle.
Allerdings möchte ich das Buch mit dem schön gestalteten Umschlag schon nach wenigen Seiten aus der Hand legen. Schlangen, Käferforscher und Insekten, die zum Verzehr gezüchtet werden: für mich eigentlich nicht die Zutaten, die es für eine gute Geschichte braucht. Wie gut, dass ich die Hürden des leichten Ekels genommern habe. Ansonsten wäre mir das meiner Meinung nach wohl wichtigste Buch des Sommers entgangen. Boyle hat mit „Blue Skies“ einmal mehr bewiesen, dass die ihm wichtigen Themen wie Artensterben, Umweltzerstörung und das Überleben der Spezies Mensch in eine überaus lesbare Geschichte gepackt, zum Nachdenken mehr als anregen können.
Das große Thema Klimawandel wird hier auf geniale Weise heruntergebrochen auf die kleinen Handlungsebenen, die die Menschen für sich sehen, um ihr Leben unter den neuen Bedingungen zu führen. Daher ist Blue Skies für mich keine Dystopie. Es spielt ja nicht in einer fernen Zukunft und hat im Prinzip keinen negativen Ausgang. Wir spüren die Auswirkungen von Hitze, Dürre, Waldbränden und Überschwemmungen bereits jetzt und beginnen, uns darauf einzustellen.
Es geht um eine Familie, deren Mitglieder durch die unterschiedlichen Orte, an denen sie leben, mit den verschiedenen Auswirkungen des Klimawandels kämpfen und zu leben lernen. Dabei kommt das neue Klima nicht mit einem Knall. Vielmehr ist es mal eine durch Sturm und Regen verpatzte Hochzeitsfeier in Kalifornien oder sind es heftige Regenfälle in Florida, die fast dramatische Folgen für eine Schwangere haben.
All die kleinen Versuche, sich umweltbewusst zu verhalten, die Boyle seine Protagonisten machen lässt, kommen einem bekannt vor. Und auch das idiotische Verhalten von Menschen, denen all das egal ist und die nur sich selber sehen. Doch Boyle lässt die Leser nicht ganz entmutigt zurück. Ich wage nicht zu denken, dass es für uns alle ein Happy End gibt, aber am Blue Sky von Boyle sehe ich Hoffnungsschimmer.
Mich hat dieses Buch komplett begeistert! Lest Boyle! Auch an Regentagen!