Serpens in fabula oder Wie ist der Rasen schön braun
Bewertet mit 4 Sternen
T.C. Boyles neuester Streich ist eine satirische Familiengeschichte in einem Amerika, das vom Klimawandel gezeichnet ist: Was Kalifornien zu viel hat, hat Florida zu wenig – und umgekehrt. Hier Dürre, da Überschwemmung. Im Zentrum stehen Ottilie, eine besorgte und gutwillige Vertreterin der Babyboomer-Generation und deren Kinder: Cooper ist vom „Bug Boy“ zum klimarettenden Wissenschaftler herangewachsen, den die Sache mit der Umwelt mehr als nur beschäftigt. Cat hingegen lebt ihren Traum als Influencerin (was allerdings wirklich nur Traum bleibt), erleidet in Florida mit Haus, Familie, Gatten und Job buchstäblich Schiffbruch und negiert die Zeichen der Zeit völlig.
Alles beginnt mit einer Schlange, einer Königspython, die Cat euphorisch und gedankenlos als Haustier erwirbt. Selbstredend ist dies eine Anspielung auf die biblische Schlange, mit der das Böse in die Welt kam, hier also durch gedankenlosen Konsum und den Irrglauben der Menschen, die Natur beherrschen zu können. In turbulenten, oft grotesken, immer wieder saukomischen und schwarzhumorigen Episoden wirft Boyle seine Protagonisten in das Chaos eines Amerikas, in dem Klima und Natur zurückschlagen. Des Autors Einfälle sind oft genial, überraschend und unterhaltsam.
Das müssen sie auch sein, denn sonst wäre die ganze Geschichte kaum zu ertragen, immerhin spielen sich die alltäglichen Dramen in einer dystopischen Welt der Klimaapokalypse ab. Boyle ist hier schon länger Mahner in der Wüste – wenn man bedenkt, wie schwer es Umweltschutzgedanken in den USA haben. Es gefällt, dass Boyle hier wieder einmal der us-amerikanischen Seele in die Seite piekst und Strömungen der Zeit in hellen Farben leuchten lässt (etwa wie das Cover).
Es gefällt wenige, dass die Geschichte eigentlich ziemlich konventionell ist und häufig nicht sehr überraschend. Was fällt Ihnen zum Beispiel bei folgender Rechnung ein:
gefräßige Riesenschlange + überforderte Mutter zweier Säuglinge = ?
Genau.
„Blue Skies“ ist nicht nobelpreisverdächtig, aber gesellschaftskritische Unterhaltungsliteratur auf hohem Niveau, die mit ihrem beißend-satirischen Humor die Lacher auf ihrer Seite hat und zum Weiterdenken auffordert.