Rezension

Klimapolitisch und sozialkritisch - klasse

Blue Skies
von T.C. Boyle

Blue Skies – T. C. Boyle

Die Natur schlägt zurück. Während es in Kalifornien immer heißer und trockener wird, suchen Überschwemmungen und endlose Niederschläge Florida heim. Boyle skizziert ein dystopisches Zukunftsszenario, das soweit gar nicht von unserer Lebenswelt entfernt zu sein scheint. Die allermeisten Entwicklungen sind irgendwo auf der Welt bereits Realität bzw. sind seit längerem im Gespräch. So ist dies ein Roman, der topaktuell ist in Bezug auf klimapolitische Inhalte. Allerdings geht es hier um so viel mehr. All diese „Naturereignisse“ nehmen zwar immer wieder eine große Rolle ein, bilden im Prinzip aber nur das Gerüst, den Hintergrund für eine komplexe Familiengeschichte. Dies sind eben die Lebensumstände, mit denen diese Familie lernen muss zu leben. Und wie wir es von der Menschheit ja gewohnt sind, ist es eigentlich immer fast zu spät, bevor die Reißleine gezogen wird.

Cooper beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Insektenforschung. Auch seine Mutter Ottilie bringt er dazu, mit Heuschrecken zu backen und kochen. Wasser ist knapp und man versucht eben, sich so gut es geht, auf die neuen Umweltbedingungen einzustellen. Immer mehr Zecken tragen ernstzunehmende Krankheitserreger in sich. Das muss Cooper am eigenen Leib erfahren.

Ein ganz anderes Leben führt Coopers Schwester Cat in Florida mit ihrem Freund. Das Strandhaus ist zwar meist nur noch per Boot erreichbar und vom stetig steigenden Wasserspiegel marode, doch Cat und Todd sind Lebemenschen. Viel Party, Social media, noch mehr Alkohol - den offensichtlichen Klimawandel blenden sie einfach aus. Die Lage eskaliert, als Willi, Cats Tigerphyton, mit der sie so gerne im Internet posiert, plötzlich verschwunden ist.

Boyle hat einfach eine erfrischende Art zu schreiben. Im Wechsel zwischen Sozialkritik, Klimapolitik, Witz und Entsetzen wird es seinen Lesern mit Sicherheit niemals langweilig. Die Protagonisten sind auf eine liebenswerte Art und Weise irgendwie verrückt. Wie oft ahnt man die Tragödie bereits voraus und sieht die naiv-abgelenkten Figuren einfach in ihr Unglück rennen. Die ein oder andere Person scheint vielleicht ein wenig überzeichnet zu sein, vielleicht aber auch nicht.

Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um eine Charakterstudie. Wie verhalten sich Menschen angesichts der sich bereits ankündigenden Katastrophe? Manche verdrängen die Situation, flüchten sich in Alkohol und Traumwelten. Andere leben von Tag zu Tag, versuchen, das bestmögliche herauszuholen. Wirklich vorausschauend und -planend, Verantwortung übernehmend handelt kaum jemand. Wenig überraschend. Wie ein Spiegel, den Boyle der Gesellschaft vorhält.

Wieder einmal ein sehr lesenswerter Roman von diesem großartigen Autor! 5 Sterne und eine große Leseempfehlung.