Rezension

Dieses Buch überzeugt in seiner Andersartigkeit

Rot wie das Meer
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 5 Sternen

Jedes Jahr am 1. November findet auf der abgelegenen Insel Thisby ein einmaliges Rennen statt. Das Rennen zieht die Menschen magisch an, denn die Teilnehmer sind schließlich magische Wesen, entsprungen den Wellen des Meeres und bestmöglich gezähmt.
Diese Wesen, Capaill Uisce genannt, kommen jedes Jahr einige Zeit vor dem ersten November aus dem Wasser an den Strand von Thisby. Warum, scheint niemand zu wissen. Für die Inselbewohner ist es jedoch die einzig mögliche Geldquelle, denn dadurch werden Scharen von Menschen angezogen und das Rennen wird wie ein ganzes Spektakulum aufgezogen. Doch diese Capaill Uisce kommen eigentlich nur an Land, um ihren Hunger nach Fleisch zu stillen. Immer wieder kommt es daher zu tödlichen Zwischenfällen, wenn diese Wesen durchdrehen und zurück ins Meer laufen oder Blut riechen.

Die Teilnehmer, die sich eines der Capaill fangen und zähmen, riskieren damit nicht nur ihr Leben, doch Ruhm und Ehre sowie ein Geldgewinn lassen es nicht an Teilnehmern mangeln.
Unter ihnen ist auch Sean Kendrick, der auf seinem Capaill Corr als Favorit ins Rennen geht, denn er hat das Skorpio-Rennen bereits vier Mal gewonnen.
Doch dieses Jahr ändert sich einiges. Als zum ersten Mal eine Frau an diesem Rennen teilnehmen will und das sogar auf ihrem gewöhnlichen Pony, steht die ganze Insel kopf.  Doch Kate “Puck” Connolly erkämpft sich ihren Platz in der Männergesellschaft und zieht damit nicht nur Sean Kendrick auf ihre Seite.

Meine Meinung:
Zunächst war ich sehr skeptisch. Ein Buch über Pferde? War ich dafür nicht zu alt? Nun gut, ich zähle auch nicht vorrangig zur Zielgruppe, aber unterhalten sollte mich ein Buch auch dann können, wenn ich nicht zu der eigentlichen Zielgruppe gehöre. Dann begann ich zu lesen. Zunächst hatte ich Schwierigkeiten in die Geschichte hineinzufinden. Doch nach kurzer Zeit, hatte sie mich gepackt, und zwar mit Haut und Haar!
Ich kann gar nicht genau beschreiben, was mich letztendlich so an diesem Buch fasziniert. Warscheinlich einfach das Gesamtpaket. Maggie Stiefvater versteht es mühelos, dem Leser all seine benötigten Informationen darzureichen, doch stets große Elemente im Dunkeln zu lassen; wie ein Bild, dessen Ränder verschwommen sind. Man erfährt einiges über die Insel Thisby und ihre Einwohner, doch über den Tellerrand hinaus, erhält man keine weiteren Informationen. Es ist, als wenn die Welt außerhalb der Brandung nur Erwähnung findet, um diese geheimnisvolle Insel zu mystifizieren.

Die Protagonisten haben mir sehr gut gefallen, allen voran Puck Connolly, die so unerschrocken für ihre kleine heile Welt kämpft, dass sie sogar das gefährliche Inselrennen in Kauf nimmt, um ihr Heim zu retten. Nach dem Tod ihrer Eltern, lebt sie mit ihren beiden Brüdern alleine in ihrem Elternhaus. Doch Gabe, der Älteste, hasst die Insel und will sie verlassen. Als Puck dann auch noch dahinter kommt, dass das Elternhaus quasi überschuldet ist und sie es zu verlieren drohen, beschließt sie, sich für das Rennen anzumelden. Denn eines steht für Puck fest: So sehr ihr Bruder die Insel verlassen will, ebenso sehr will Puck dort bleiben und mit ihrem Pony die Weiten durchstreifen.

Ihr gefährlichster Gegner ist Sean. Er hat bereits vier Mal das Rennen gewonnen und hat vor, es auch dieses Mal für sich zu entscheiden. Denn für ihn steht genau so viel auf dem Spiel, wie für Puck. Er kämpft für das Capall Corr, das er gezähmt hat und das er bedingungslos liebt. Doch auch sonst ist sein Wissen auf der Insel gefragt: kein anderer, versteht die Capaill so sehr wie Sean Kendrick; als würde er tief in ihre Seele blicken und eins mit ihnen werden. Sean ist zwar ein sehr guter Pferdeflüsterer, kann aber auf der anderen Seite mit seinen Mitmenschen nicht viel anfangen.

Doch genau diese beiden Seelen treffen bei den Vorbereitungen auf das Rennen aufeinander und Sean ist so fasziniert von Puck und ihrem Mut, dass er beschließt ihr zu helfen, nichtahnend, dass dieses Mädchen ihm ebenso sehr helfen wird.

Aber auch Sean Kendrick hat einen gefährlichen Gegner, der ihn so sehr hasst, dass er dafür nicht nur das Leben der Capaill, sonder auch das seiner Mitmenschen aufs Spiel setzt. Seine Name: Mutt Mulvern, Sohn des reichsten Mannes der Insel und Besitzer des Pferdestalls, für den Sean arbeitet. Für ihn gelten keine Regeln und genau das macht ihn so gefährlich.

Am Ende stehen sie alle an der Startlinie des Skorpio-Rennen, doch nicht jeder von ihnen wird ins Ziel kommen und es kann nur einen Sieger geben. Wer hat das stärkste Capall und hat Puck auf ihrem Inselpony überhaupt eine Chance?

Die Geschichte wird getragen von großen Emotionen, nicht nur zwischen den Menschen und Tieren, sondern auch von der Liebe zur Freiheit und einer Insel, die dennoch rau und unnachgiebig ihre Opfer sucht. Maggie Stiefvater ist mit “Rot wie das Meer” ein großartiges Buch gelungen, dass in seiner Andersartigkeit überzeugt. Bitte lest es! Fühlt mit Sean und Puck den Wind in den Haaren und lasst Euch von der Magie der Insel und der Capaill Uisce faszinieren.