Rezension

Protagonisten sind Gegner auf Augenhöhe

Legend 01 - Fallender Himmel - Marie Lu

Legend 01 - Fallender Himmel
von Marie Lu

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das Grundprinzip ist das, was uns schon in so vielen Dystopien begegnet ist. Reiches Mädchen aus der Elite eines totalitären Systems mit starken sozialen Unterschieden und Ausbeutung der Unterschicht sowie fragwürdigen Methoden trifft auf Rebellen aus ebenjener Unterschicht.
Das Faszinierende an dem Buch ist, dass die Erzählperspektive den Unterschied macht. Normalerweise wäre es so abgelaufen, dass June uns ihr privilegiertes Leben und ihre Überzeugung zum System vorstellt und dann irgendwann auf Day trifft, dem unnahbaren Rebellen. Ganz abgesehen davon, dass Day nichtmal ein richtiger Rebell ist (zumindest nicht in dem üblichen Sinne), wird die Handlung aber nicht nur aus Junes Sicht erzählt.

Wir haben auf der einen Seite June als privilegierte, talentierte Elitesoldatin, die voll und ganz hinter dem System steht und den Mord an ihrem Bruder rächen will und auf der anderen Seite Day, seines Zeichens Schwerverbrecher, der auf der Straße lebt und die Schattenseiten des Systems kennt. Das schafft eine ganze neue Erzählsituation, weil die beiden zwar die größten Gegner sind, der Leser aber von Anfang an Einblick in beide Seiten hat und bei beiden mitfiebern kann.
June handelt eigenständig, überzeugt und unbeirrt. Sie ist durchaus sympathisch - einziges Problem: Sie steht auf der falschen Seite.
Day führt allerdings das aufregendere Leben, dadurch, dass er dauernd in Gefahr schwebt. Obwohl er durchaus Fehler macht, ist er in Sachen Kämpfen und Fliehen überragend und ist irgendwie süß. Dabei ist er nicht der unnahbare Bad Boy, er versucht lediglich, seine Identität nicht preiszugeben und hat ansonsten durchaus ein weiches Herz.

Des Weiteren fieberte ich mit den Charakteren mit. Das lag mit Sicherheit auch an dem tollen Schreibstil, der flüssig zu lesen war und sich besonders durch den Aufbau einer Spannung auszeichnete, die unglaublich fesselnd war.
 Der Weltenaufbau hebt sich vielleicht nicht sonderlich von anderen dieses Genres ab, ist aber durchaus realistisch.
Der Umstand, dass es sich bei den beiden Protagonisten um sehr fähige Kämpfer handelt, führt natürlich unweigerlich dazu, dass nicht an Action gespart wird. Ein weiterer Punkt, in dem sich diese Dystopie vom Schema F abhebt, ist, dass die Protagonisten dabei tatsächlich Gegner sind.