Rezension

Von Herzen und unpopulären Meinungen

Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch - Brittainy C. Cherry

Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch
von Brittainy C. Cherry

War das mein erstes Buch von Brittany C. Cherry? Schande über mein Haupt, aber ja.

War ich unfassbar gespannt, what the hype is all about? Gar keine Frage!

Hatte ich immens hohe Erwartungen? Und wie!

Wurden diese erfüllt? Nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte.

Dies ist eine „Unpopular opinion“-Rezension und ich habe lange überlegt, ob ich sie überhaupt veröffentlichen soll. Aber da es mir selbst immer hilft Rezensionen zu lesen, die meine eigene Meinung widerspiegeln, tue ich es. Vielleicht geht es ja noch ein paar wenigen anderen Lesern ähnlich wie mir. 

Inhalt: 

Landon Harrison und Shay Gable sind Highschool-Schüler und können sich nicht leiden, weil sie den jeweils anderen für sehr viele Dinge halten, die er eigentlich nicht ist. Er hat ihr als Kind Kaugummi in die Haare geklebt, heute nennt er sie Chicken und sie ihn Satan.

Auf einer Party platzt Shay ins Zimmer, als Landon gerade dabei ist, mit einem Mitschüler eine Wette abzuschließen. Er könnte Shay dazu bringen, sich in ihn zu verlieben, behauptet Landon. Shay greift ein und sagt, vorher würde Landon sich in sie verlieben. Also Top die Wette gilt. Der Einsatz ist nicht mehr und nicht weniger als die eigene Ehre. Ihre gegenseitigen Versuche, den jeweils anderen für sich zu gewinnen, gehen den beiden gleichermaßen unter die Haut. Schon bald kommen Narben zum Vorschein, von denen keiner geglaubt hatte, er könnte sie entdecken und Gefühle, von denen sie behaupteten, sie niemals empfinden zu wollen.

Meine Meinung:

Ich wollte wissen, wie ein Buch sein muss, dass von so vielen Lesern so gefeiert wird und habe aufgrund der unzähligen begeisterten Rezensionen etwas Herausragendes erwartet. Etwas extrem Poetisches und Tiefgreifendes, das sich von anderen Autoren in dem Genre massiv abhebt. Ein ganz eigener Schreibstil und Tonfall. Irgendwo habe ich mal eine Bewertung gelesen, in der jemand sagte: „Ich würde ein Stück meiner Seele verkaufen, um so schreiben zu können wie BCC.“ Vielleicht war das zu viel des Erwartungsdrucks. Vielleicht bin ich auch einfach geschmacksgestört. 

Als ich das Buch endlich in Händen gehalten und mit dem Lesen begonnen hatte, dachte ich die ganze Zeit: „Wann kommt es denn endlich? Wann geht’s denn jetzt endlich los?“ 

Aber es hat bis zum letzten Drittel der Geschichte gedauert. Erst da konnte ich den Zauber ansatzweise verstehen. Obwohl er mich immer noch nicht mitgerissen hat. 

Der Schreibstil der ersten Kapitel aus Landons Sicht haben mich sogar eher abgestoßen. Zu viele Obszönitäten, zu viel Umgangssprache. „Labern“ ist ein Wort, das ich in einem Buch nicht brauche, aber klar verstehe ich, dass die Autorin hier vor allem Landons Erzählstimme betonen wollte. Also Schwamm drüber. Außerdem wurde Landons Sprache deutlich besser im Laufe der Geschichte. Allgemein gesagt ist der Schreibstil locker leicht und ab und an wird eine Metapher eingestreut. Ich fand es sehr schön, dass sich die meisten dieser Metaphern um’s Herz gedreht haben und so auf ihre Art miteinander verbunden waren. Es kam mir fast vor, als würden die Metaphern noch einmal eine eigene Geschichte auf einer anderen Ebene erzählen. Aber trotzdem war das für mich nichts, was meine Leserwelt so sehr aus den Angeln gehoben hätte.

Wenn ich vorher nicht gewusst hätte, dass es sich um DIE Königin des New Adult handelt, hätte ich gesagt: „Der Schreibstil hat viele Sternstunden, aber auch ein paar Schwachstellen.“

Auch Shay und Landon als Protagonisten konnten mich nicht so erreichen, wie ich mir das gewünscht hätte. Das soll nicht bedeuten, dass ich nicht sehe, dass die beiden tief und komplex ausgearbeitet wurden. Auch die einfühlsame Darstellung von Londons Depression hat mir sehr gut gefallen. Und trotzdem hat mir irgendetwas gefehlt. Es gab viel Emotion, unzählige bewegende Reden und Gespräche. Aber auf der Paarebene ist für mich da irgendetwas auf der Strecke geblieben. Möglicherweise lag es an Landons schwerer psychischer Erkrankung. Vielleicht ist hinter dieser ganzen Traurigkeit und Verzweiflung alles andere bei mir in den Hintergrund gerückt. Aber mir hat auch einfach die Anziehungskraft zwischen den beiden gefehlt. Und die großen, atmosphärischen oder mitreißenden Momente, wie man sie manches Mal in Liebesromanen findet. Die intimen Szenen haben mich teilweise eher befremdet.

Anfangs (nach der Wette) fand ich die Handlung sogar ein bisschen konstruiert. Sie ist nicht so organisch geflossen. In der zweiten Hälfte hat sich das allerdings geändert, weil da natürlich viele Dinge, die vorher aufgebaut wurden, aufgelöst wurden und der Fokus dann so stark auf die Depressionen und die verschiedenen familiären Konflikte gerichtet worden ist. Meine Lieblingsfigur war übrigens Shays Großmutter Mima. Sie ist es wohl gewesen, die mit ihren klugen Worten und ihrem großen Herzen am allermeisten meines berührt hat.

Fazit:

Ich habe den zweiten Teil von „Wie die Stille vor dem Fall“ bereits auf meinem SUB liegen und bin guter Hoffnung, dass Landon und Shay mich in ihrem nächsten Buch noch ins Boot holen können.

Es kommt tatsächlich immer mal wieder vor, dass ich mit gehypten Büchern zu kämpfen habe. Vielleicht bin ich einfach ein Leser, der gerne mal aus der Reihe tanzt. Oder um es passend zum Buch zu sagen: Mein verrücktes Leserherz schlägt oft in seinem ganz eigenen Takt.