Rezension

Ein spannender Jugendthriller mit brisantem Thema

Krähenmann
von Corina Bomann

Bewertet mit 4 Sternen

Ein neues Zuhause, ein völlig neues Umfeld und neue Herausforderungen in allen schulischen Bereichen. Damit hat sie bereits gerechnet.
Was sie allerdings nicht vorhergesehen hat, ist, dass sie in eine Mordserie verwickelt wird.

 

Clara Hansen hat es endlich geschafft: Sie als Waisenkind hat ein Stipendium für das berühmte Rotensand-Gymnasium erhalten, eine der renommiertesten Schulen des Landes. Sollte sie dort den Abschluss schaffen, stände ihr die ganze Welt offen.
Aber gleich an ihrem ersten Tag bemerkt sie, dass etwas an diesem Ort nicht stimmt. Zuerst findet sie einen toten Spatz in ihrem Bett, dann verschwindet eine ihrer Mitschülerinnen, deren Leiche kurz darauf an den Klippen in der Nähe entdeckt wird. An ihren Rücken sind blutige Krähenfedern genäht.
Obwohl sie selbst als Neue scheinbar nicht in die Ereignisse verwickelt ist, beginnt Clara auf eigene Faust zu ermitteln, um herauszufinden, was hinter all dem steckt.
Doch dabei kommt sie dem Täter viel zu nahe.

 

 

Den ersten Jugendthriller von Corina Bomann habe ich vor allem im Zuge der Blogtour dazu gelesen und hatte kaum Erwartungen an das Buch. Deswegen war ich umso überraschter, dass es mich so mitgerissen hat.
Vor allem das zum Teil interessante Figurenensemble hat dazu beigetragen. Angeführt wird es von einer starken Heldin, die sich in ihrem jungen Leben bereits oft zur Wehr setzen musste und das Ihre daraus gelernt hat. Und so muss sie auch sein, denn bei einigen ihrer reichen Mitschüler ist sie absolut nicht willkommen. Sie tut sich schwer, andere an sich heranzulassen, vor allem aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit. Gleichzeitig ist sie dank ihrer Neugier hin und wieder ziemlich leichtsinnig, was sie aber umso plastischer macht, da sie nicht ganz die supertoughe Außenseiterin ist. Das untermauern zudem ihre Zweifel und ihre Hartnäckigkeit, die sie viel menschlicher wirken lassen.
Die übrigen Charaktere erscheinen dagegen meist blass und eindimensional, da man kaum oder gar nichts über ihre Beweggründe erfährt. Unter ihnen ragte für mich hauptsächlich Alex positiv hervor, der anfangs nicht recht durchschaubar war und meine Aufmerksamkeit erregt hat. Doch nur noch der Täter ist neben Clara präsenter und greifbarer in seinem Tun und seinen Motiven und ihr somit ebenbürtig.

 

Der Schreibstil passt gut zu einem Roman dieses Genres: Er lässt sich sehr leicht lesen, ist nicht zu anspruchsvoll und verhältnismäßig schnörkellos. Dennoch schafft es die Autorin, die Emotionen ihrer Protagonistin und vor allem den frei erfundenen Schauplatz ihrer Geschichte dem Leser richtig bildlich vor Augen zu führen. Aber nicht bloß das fesselt einen an die Seiten, sondern auch die Spannung, die die Handlung erzeugt. Falsche Fährten, unheimliche Orte und die Sicht des Mörders, aus der ein paar der Zwischenkapitel geschildert sind, sorgen dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Dazwischen bietet die angenehm unaufdringliche Liebesgeschichte genügend Abwechslung und lockert die düstere Atmosphäre auf, ohne fehl am Platz zu wirken.
Das Brisanteste ist allerdings Mobbing und dessen dramatische Folgen, die in dem Roman aufgegriffen und eindringlich dargestellt werden. Und darin liegt ein bisschen meine Kritik: Ich bin nicht der Meinung, dass das Thema verharmlost wird. Allerdings ist Clara jemand, der die Schikanen der anderen relativ unbeschadet übersteht. Da fehlte mir einfach noch ein wenig die direkte Perspektive eines Opfers, das sich nicht derart gut zu wehren weiß. Die objektive Schilderung durch Dritte reichte mir da nicht vollkommen aus.

 

 

Krähenmann ist ein fesselnder Jugendthriller, der besonders die Zielgruppe bestens unterhalten kann. Die starke Heldin, die auch ihre Schwächen zeigt, ein brisantes Thema, das den nachvollziehbaren Hintergrund bildet, und eine spannende, nicht leicht zu durchschauende Handlung machen das Positive an dem gesamten Roman aus.
Nur leider wirken die meisten Nebencharaktere etwas blass und die Folgen des Mobbing erlebt man lediglich indirekt mit, was ihre Eindringlichkeit ein bisschen schmälert.
Wer mitreißenden Geschichten liebt, dessen toughe Hauptfigur sich meistens zu behaupten weiß, Teenagerdetektiven viel abgewinnen kann und dabei auch gerne aktiv miträtselt, der sollte sich dieses Buch mal näher ansehen.