Rezension

Ein tiefgründiges wie fesselndes Jugendbuch über Toleranz, Verantwortung und Identität

Letztendlich sind wir dem Universum egal - David Levithan

Letztendlich sind wir dem Universum egal
von David Levithan

A ist körperlos und besitzt somit kein Geschlecht, kein Aussehen. Dennoch existiert A auf der Welt, da A jeden Tag im Körper eines anderen, gleichaltrigen Menschen aufwacht und für einen Tag dessen Leben lebt. A versucht dabei, keine Spuren zu hinterlassen, denn es ist nun mal nicht sein Leben. So verfliegt jeder Tag. 17 Jahre lang. A kennt nichts anderes. Eines Tages trifft A auf Rhiannon und verliebt sich. Doch hat diese Liebe eine Chance, wo doch ansonsten nichts in As Leben Bestand hat, nichts sein eigen ist, außer seinem Wesen? Und würde Rhiannon überhaupt akzeptieren, dass A an einem Tag weiblich, am anderen männlich, an einem dick, am anderen dünn ist?

In „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ geht es nicht um die außergewöhnliche, spektakuläre Grundidee an sich, sondern um philosophische Fragen, die David Levithan schon lange beschäftigen. Er hat was anderes aus der Geschichte gemacht, als ich erwartet hatte, das Buch gewinnt dadurch jedoch deutlich an Tiefe und Anspruch und regt zum Nachdenken an.
Aus der Geschichte an sich hätte jedoch mehr herausgeholt werden können, es kommt teilweise zu Wiederholungen und Stillstand. Auch der Junge, der sich von Dämonen besessen glaubt, ist zwar skurril, wirkt jedoch leicht aufgesetzt. Das Thema um die philosophischen Fragen hätte in einem Jugendbuch allerdings nicht besser umgesetzt werden können.

Besonders das Thema der Toleranz zieht sich durch das gesamte Buch. Es werden Fragen aufgeworfen wie: Verliebt man sich in das Geschlecht oder den Charakter eines Menschen? Ins Innere oder Äußere? Außerdem lernt der Leser die unterschiedlichsten Lebensumstände kennen. So ist A an einem Tag im Körper eines Drogensüchtigen, am anderen im Körper einer Selbstmordgefährdeten. Das Buch hätte mir an manchen Stellen aber noch mehr in die Tiefe gehen und mehr auf die verschiedenen Schicksale eingehen können.
Verantwortung ist auch ein Hauptthema von „Letztendlich sind wir dem Universum egal“: Hat A das Recht, in anderer Menschen Leben einzugreifen, auch wenn er damit seine Situation verbessern könnte? Darf A nicht auch mal an sich denken?
Zu traurigen Momenten kommt es, wenn A sich dem Gefühl hingibt, zu niemandem zu gehören, keine Bezugsperson zu haben, sich niemandem offenbaren zu können. Wer ist man, wenn man keiner ist? Auch das Thema Identität ist ein wichtiger Bestandteil des Buches.

Der Leser erfährt eine Liebesgeschichte in all ihren Facetten: Romantisch, skeptisch, zweifelnd, akzeptierend, aufopfernd und verzichtend.
Die Sprache von David Levithan ist melancholisch, poetisch, speziell und wunderbar. Sein Buch beinhaltet viele schöne Gedanken und Ideen.

Was offenbar viele enttäuschend finden, ist für mich ein tief moralisches Ende, in dem der Aspekt der Verantwortung noch einmal deutlich hervortritt. Aber ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, nur meine eigene Meinung anmerken, da viele Leser das Ende bemängeln.

Fazit: „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ ist ein anspruchsvolles, berührendes und fesselndes Jugendbuch um Fragen von philosophischer Tiefe. David Levithan hat mich nach „Will & Will“ (zusammen mit John Green) und „Das Wörterbuch der Liebenden“ erneut überzeugen können.
Ich habe gehört, dass eine Fortsetzung in Planung ist und bin gespannt, wie die Geschichte um A weitergeht, ob David Levithan für As Dilemma eine Lösung bereit hat und wenn, wie diese aussieht.