Rezension

Ein tödlicher Blick

STONE BLIND – Der Blick der Medusa -

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
von Natalie Haynes

Bewertet mit 5 Sternen

Medusa wird als Säugling vor dem Höhleneingang ihrer Schwestern zurückgelassen und lebt fortan als Sterbliche bei den Gorgonen. Als Jugendliche besucht sie den Tempel der Athene. Dort wird sie jedoch vom Meeresgott Poseidon missbraucht. Sehr zum Missfallen der Göttin Athene, die ihre Wut an Medusa auslässt und sie verflucht. Fortan wird alles, was Medusa erblickt, zu Stein verwandelt. Ihr Schicksal hinnehmend, zieht sich Medusa immer weiter zurück. Doch dann steht Perseus vor ihr, der sich aufgemacht hat, das Haupt einer Gorgone zu erobern, um seine Mutter davor zu retten, jemand heiraten zu müssen, den sie nicht heiraten will. 

 

Die griechische Mythologie lässt sehr viel Spielraum für Geschichten. In letzter Zeit sind einige Romane erschienen, in denen die Frauen der griechischen Antike zu Wort kommen. Schon Jennifer Saint und Madeline Miller konnten mich mit ihren Romanen überzeugen. Und nun wird auch Natalie Haynes sich einreihen. Denn ihr Roman über die Gorgone Medusa, die dazu verdammt wird, mit ihrem Blick alles zu Stein werden zu lassen, hat mich vollends überzeugen können.

 

Auch wenn ich zu Anfang etwas verwirrt war, hat die Autorin es schnell geschafft, dass ich fast nicht vom Buch ablassen konnte. Diese Verwirrtheit wurde dadurch ausgelöst, dass die Autorin verschiedene Charaktere zu Wort kommen lässt. So ist es mal Hera, mal Athene, mal die Gorgonen oder noch viele andere, die in ihren Kapiteln Teile des Romanes erzählen. Meint man, dass dies nicht zu einem roten Faden führen kann, wird dann doch bald klar, dass gerade dieser doch vorhanden ist und jedes Kapitel langsam zum großen Ganzen führt.

 

Zwischendrin kommt immer wieder Medusa zu Wort. Kennt man sie eigentlich aus anderen Erzählungen als rachsüchtig, kämpferisch und absolut tödlich, wird sie hier als sanftmütiges Mädchen beschrieben, dass seinen Platz auf der Welt noch nicht gefunden hat. Sie verehrt ihre beiden Schwestern, ist freundlich, klug, ruhig und naturverbunden. Und doch sehnt sie sich im Inneren nach Antworten, die sie leider nicht bekommt. 

 

Die Autorin beschreibt in einer wunderbaren Art die ganze Geschichte von Medusa. Sie erzählt von Göttern, von Königen und Prinzessinnen. Sie lässt Nebenfiguren zu Wort kommen, erzählt ganze Kapitel aus der Sicht der Nereiden. Vor allem Frauen haben das Wort, aber dann kommt Perseus und auch seine Geschichte wird erzählt. Erst am Ende führt alles zusammen und das Puzzle wird zusammengesetzt. 

 

Die Kapitel sind zwar immer recht kurz gehalten, enthalten aber alles, was für die Erklärung notwendig ist. Die Götter waren ebenso einbezogen, wie die Sterblichen und ich hatte das Gefühl, dass die Autorin sämtliches Repertoire der griechischen Mythologie aufgefahren hat. Auch hat sie sehr deutlich gezeigt, wie rechthaberisch und egoistisch die Götter allesamt sind und dass sie sich eigentlich nur mit Widerwillen in die Geschehnisse der Sterblichen einmischen wollen, sobald es darum geht, jemandem zu helfen. Wenn es allerdings darum geht, jemandem zu schaden, sind sie sofort zur Stelle. 

 

Der Erzählstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen und ich freue mich jetzt schon auf ihren nächsten Roman, den ich auf alle Fälle lesen werde. 

 

Meggies Fussnote:

Ein tödlicher Blick einer gebrochenen Frau.