Rezension

eine ganz eigene Idee abseits der klassischen "Werwölfe"

Nach dem Sommer - Maggie Stiefvater

Nach dem Sommer
von Maggie Stiefvater

Inhalt:
Grace ist fasziniert von den Wölfen, die im Wald hinter ihrem Haus leben. Vor allem von einem ganz besonderen Wolf: dem mit den gelben Augen. Da sie "ihre Wölfe" immer nur im Winter sieht, sehnt sie diese Jahreszeit herbei, immer im Hinterkopf, dass es der Wolf mit den gelben Augen war, der sie damals vor einem Angriff beschützt hat.

Der Herbst ist da, als in Mercy Falls ein tödlicher Angriff auf einen Jungen aus der Schule verübt wird - von den Wölfen aus dem Wald. Jäger schwärmen aus, um die Tiere zu töten und ein Junge taucht vor Grace' Haus auf - mit denselben gelben Augen wie "ihr Wolf".

Meinung:
Lange habe ich mich vor diesem Buch gedrückt, zu "kitschig" klangen viele der Meinungen - auch die Story an sich klang im ersten Moment so bekannt: Mädchen verliebt sich in mysteriösen "nicht menschlichen" Jungen.

Doch als ich mit dem Hören begonnen habe, wurde ich mehr und mehr von Maggie Stiefvaters Idee eingenommen. Annina Braunmiller, die den meisten als die Stimme von "Bella" bekannt sein dürfte, spricht die Ich-erzählende Grace überzeugend und verlieh ihr eine gewisse Melancholie, die mich sofort verzauberte. Grace ist als Protagonistin dieser Geschichte die Starke, die Selbständige, ihre Eltern sind oft unterwegs und so fällt es niemandem auf, dass sie den verletzten Jungen bei sich unterbringt.

Sam (authentisch gesprochen von Max Felder, der Stimme von Jacob), erlangt durch seine eigene Ich-Perspektive eine erstaunliche Tiefe. Sein Kampf um die Menschlichkeit, gegen das Vergessen, das das Wolf-Sein mit sich bringt, ist in jedem Kapitel spürbar.

Doch das Besondere, das Maggie Stiefvater erschaffen hat, ist die Beziehung zwischen den beiden. Diese Verbindung, die allen anfänglichen Widrigkeiten zum Trotz besteht; die Sam seine menschliche Gestalt erhält, trotz des drohenden letzten Abschieds. Denn Sam wird sich nur noch ein einziges Mal verwandelt - sobald es kalt genug ist - danach nie wieder zum Menschen werden.

Durch diese stetig anwachsende Bedrohung, die durch die Kapitelanfänge mit der Nennung der Temperatur konstant präsent ist, baute die Autorin eine Grundspannung auf, die allein für sich schon einen Lesesog erzeugte. Die Bedrohung von anderer Seite schürte meinen Wunsch, weiterzuhören, zusätzlich.

Der Stil der Autorin ist bildhaft und ausschmückend, sie zielt nicht darauf ab, den Leser mit hoher Spannung an ihre Geschichte zu binden. Ab ungefähr der Mitte der Geschichte wurde es mir stellenweise sogar zu ruhig. Der Fokus auf die Zweisamkeit, die Beziehung (der Faktor, der mich vor dem Lesen/Hören abgeschreckt hatte) und Grace‘ Hintergründe zog sich für mich etwas, ehe die Spannung mit dem Fallen der Temperatur dann konsequent anstieg und die Autorin die Geschichte mit einem äußerst passenden Ende ausklingen ließ, das eigentlich keine Wünsche für eine Fortsetzung offen lässt. Dennoch bin ich gespannt, was die Autorin hier für mich bereithält.

Urteil:
"Nach dem Sommer" birgt eine ganz eigene Idee abseits der klassischen "Werwölfe". Mit der Lovestory, die auf ein unaufhaltsames Ende zusteuert, übte die Geschichte einen Sog auf mich aus. Der von Grund auf ruhigere Grundton und die nur zarte Spannung schwächten diesen nur wenig. Sehr gute 4 Bücher für die Wölfe von Mercy Falls.

Die Reihe:
1. Nach dem Sommer
2. Ruht das Licht
3. In deinen Augen

4. Schimmert die Nacht
(Erscheinungstermin: März 2015)

©hisandherbooks.de