Rezension

Entlarvend. Fordernd. Außergewöhnlich.

Milchmann - Anna Burns

Milchmann
von Anna Burns

Bewertet mit 5 Sternen

2018 ging der Man Booker Prize für Belletristik an „Milkman“, und Anna Burns war damit die erste Preisträgerin aus Nordirland. Die Handlung des Romans ist dortverortet, der zeitliche Rahmen nicht näher bestimmt. Man weiß nur, dass sich die Ereignisse während des Bürgerkriegs, der „Troubles“, abgespielt haben, einer Zeit geprägt von Gewalt und Misstrauen.

Schießereien, Autobomben und Molotow-Cocktails, letztere gerne bis zu ihrem Einsatz in Milchkisten deponiert. Eine Zeit die Ängste schürt, Unsicherheit verbreitet. Nur nicht auffallen ist die Parole, die auch die achtzehnjährige Erzählerin verinnerlicht hat, denn gar zu schnell gerät man in das Visier, wird selbst zum Ziel, zum Täter oder zum Kollateralschaden. Kein einfaches Leben für die Heranwachsenden, die sich aus diesen ganzen Verwicklungen raushalten wollen.

„Milchmann“ ist keine einfache Lektüre. Es irritiert, dass sämtliche Personen namenlos sind und lediglich nach ihren Beziehungen zur Protagonisten bezeichnet werden. Irgendwer McIrgendwas, Schwager, Schwester und natürlich Milchmann. Letzterer ein unangenehmer Zeitgenosse, dessen obsessives Verhalten nicht nur die Erzählerin verunsichert. Ein Stalker, der immer dann auftaucht, wenn man es am wenigsten erwartet, permanent präsent ist. Latent bedrohlich.

Dieses Empfinden wird durch die verwendete Erzähltechnik verstärkt, die darauf verzichtet, eine durchgehende Handlung zu entwickeln, zu beschreiben und zu erklären. Es ist quasi ein innerer Monolog, dem wir hier folgen. Die Gedanken und Sichtweisen der Erzählerin, die uns Innen- und Außenwelt präsentiert. Nicht gradlinig sondern sprunghaft und willkürlich.

Entlarvend. Fordernd. Außergewöhnlich. Ein Roman, für den man ein gewisses Maß an Leseerfahrung mitbringen sollte.