Rezension

Es hätte so phantastisch sein können

Phantasmen - Kai Meyer

Phantasmen
von Kai Meyer

Bewertet mit 3 Sternen

Gleich vorneweg: Kai Meyer kann schreiben, keine Frage. Sein Schreibstil ist super, die Idee originell und das Buch auch nicht ohne Spannung, zweifellos. Trotzdem kann ich mich im Endeffekt den überschwänglichen Bewertungen nicht durchweg anschließen, denn es hat mich so einiges gestört.

Doch zuerst zum Inhalt:
Am Tage 0 tauchten sie zum ersten Mal auf. Die Geister der Verstorbenen. Sie machten nichts, standen nur an der Stelle, an der sie gestorben waren und verbreiteten ein unheimliches Geisterlicht. Vor 3 Jahren erschienen sie zum ersten Mal und seitdem werden es mehr und mehr. Kein Thema, denken die meisten Menschen, sie stören zwar, sind aber harmlos. Sogar Religionen entwickeln sich durch ihr Erscheinen.
Rain und Emma sind zwei Schwestern, die bei einem Flugzeugabsturz ihre Eltern verloren haben. Rain kümmert sich um ihre zwei Jahre jüngere Schwester, obwohl sie durch ein traumatisches Erlebnis in Afrika selbst ihr emotionales Päckchen zu tragen hat. Als sie in Spanien an der Absturzstelle angelangen und auf das Erscheinen ihrer Eltern warten, passiert etwas Außergewöhnliches. Zum ersten Mal tun die Geister etwas anderes als sonst: sie lächeln. Und ihr Lächeln bringt den Tod.
Nur knapp können Rain und Emma dem Geisterlächeln entkommen, nur um sich plötzlich von einer Söldnertruppe gejagt zu sehen. In diesem Moment begegnen sie Tyler, einem jungen Norweger, der ihnen in Stuntmanmanier das Leben rettet. Das ist jedoch nur der Beginn einer Jagd und des Gejagtwerdens, der die drei durch Spanien und schließlich bis in die USA führt, immer in der Bedrohung durch mörderische Geister und ebenso mörderische Söldner.

Klingt phantastisch und könnte es auch sein. Doch obwohl ich jedem Buch gern seine Phantastik lasse, finde ich, könnte es trotzdem ein bisschen realer sein, was seine Protagonisten angeht. Da ist Tyler, der junge Superman, der mal eben die Schwestern auf seinem Motorrad (!) rettet, indem er die jüngere vor sich auf dem Tank sitzen hat und die ältere hinten und mit beiden quer durch die Pampa jagt, abseits von Straßen und natürlich ohne Licht in der Dunkelheit, damit sie nicht von den bösen Söldnern erwischt werden. Warum konnte er nicht mit dem Auto vorbeikommen und die Schwestern so retten? Das wäre schon schwer genug gewesen, aber wahrscheinlich zu uncool. ^^ Dann die Sache in New York, als sich die Schwestern durch ein von Geistern verseuchtes Gebiet kämpfen. Wohlgemerkt, mitten in der Stadt schaffen sie es, immer einen Abstand von 17 Metern in alle Richtungen zu halten, sobald die tödlichen Wellen losgehen. Ihr geisterlichtriechender Begleiter hin oder her, aber in einem Moloch wie New York sterben und starben an allen Ecken und Enden die Menschen, sorry, nehme ich nicht ab, dass es da immer weiterging. Vom Hubschrauberabsturz brauchen wir auch nicht reden und die seltsame Art der Rettung. Oder die Löwen, die sie jagen. Kein Löwenrudel der Welt würde darauf bestehen, lebende Beute zu jagen, wenn überall frische Leichen herumliegen. Solche und mehr seltsame Begebenheiten haben mich so manches Mal die Stirn runzeln lassen und mir gelegentlich sogar das Lesen verleidet. Schade eigentlich.

Fazit: Originell, aber gelegentlich übertrieben und manches Mal nicht nachvollziehbar.