Rezension

Gepimpter Held

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße -

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
von Maxim Leo

Bewertet mit 4 Sternen

Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen – nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer bekommt urplötzlich Besuch von einem Journalisten. Dieser glaubt, dass Hartung für die spektakuläre Massenflucht per S-Bahn in der DDR gesorgt hat. Ganz so war das nicht, aber gegen schnell und leicht verdientes Geld hat Hartung nichts einzuwenden, also beharrt er nicht zu sehr auf den Fakten und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Held werden ist nicht schwer; Held sein dagegen sehr – das ist zumindest in diesem Buch der Fall. Eher ein Missverständnis, dann noch falsche Infos und hier und da mal nicht die ganze Wahrheit sagen, schon kann man in einer Geschichte landen, die man selbst nie für möglich gehalten hätte. Das passiert einem Menschen, der mir zu Beginn der Geschichte alles andere als sympathisch erschien. Einem Journalisten nach dem Mund reden, nur damit die Moneten für die fällige Miete fließen? Fragwürdig. Auch das er gerne einen über den Durst trinkt, seine Tochter mehr oder weniger vergessen hat und so einiges mehr. Alles – nur nicht heldenhaft. Doch dann steht er da, dieser Journalist, der schon im Vorfeld weiß, was er schreiben will, um endlich erfolgreich zu werden. Er schreibt die Reportage und die Menschen lieben den Helden, der so unter der Stasi-Diktatur zu leiden hatte und dennoch tat, was er für richtig hielt. Die Hochstaplergeschichte nimmt immer mehr ihren Lauf und ist nicht mehr aufzuhalten. Gelungen fand ich, dass in der Wahnsinnsgeschichte nicht alles komplett erlogen ist, sondern nur medial aufgepimpt. Wie genau all das ist, dass müsst ihr selbst lesen- denn es lohnt sich. Zunächst genießt Hartung die Aufmerksamkeit, doch es gibt einen Wendepunkt. Eine neue Liebe… Doch wie sollen der immer sympathischere Hartung und der Journalist aus dieser Nummer noch rauskommen?

Mir gefällt sehr gut, wie die Politik und Medienwelt auf die Schippe genommen werden. Da steckt doch das eine oder andere wahre drin, dazu die Ost-West-Geschichte, die immer ein Garant ist – zumindest, wenn man es umsetzt wie der Autor. Sehr unterhaltsam, gut lesbar, interessant, vielschichtig und humorvoll. Ich habe oft geschmunzelt, manchmal den Kopf geschüttelt, unter dem Strich hat es mich einfach sehr gut unterhalten. Und es birgt auch einiges zum Nachdenken, über die Mauern in Köpfen, die Frage, wie genau man es mit der Wahrheit nehmen muss, was Wahrheit genau ist.

Ich empfehle das Buch gerne weiter und werde mal schauen, was ich von dem Autor noch so finde, denn der Stil war einfach klasse und hat mich überzeugt.