Rezension

Überraschend zum Helden ernannt

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße -

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
von Maxim Leo

Bewertet mit 5 Sternen

Michael Hartung betreibt eher erfolglos eine Videothek, als er im September 2019 Besuch von einem Journalisten erhält, der über eine spektakuläre Massenflucht vom Bahnhof Friedrichstraße aus recherchiert: Damals gelangten 127 Menschen aus der DDR in einem S-Bahnzug in den Westen. Hartung hat damals als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstraße gearbeitet. Nie wieder hat er sich mit den damaligen Geschehnissen auseinandergesetzt. Nun aber, nach Zahlung eines ordentlichen Honorars, bestätigt er die Geschichte – und wird quasi über Nacht zu einem Helden. Damit beginnt eine ganz neue Karriere für Hartung – als Held, der überall gefeiert werden soll. Und Hartung beginnt, sich in einem Dickicht aus Lügen zu verheddern.

Michael Hartung, der Held wider Willen, der sich eigentlich schon in einem ereignislosen Leben eingerichtet hatte, erhält die einmalige Chance, zu Geld zu kommen und mit seiner Tochter die Beziehung zu erneuern. Sehr pointiert beschreibt der Autor Maxim Leo, wie sich die Geschichte der heldenhaften Rettung von 127 DDR-Bürgern aufbauscht, wie Hartung den Verlockungen anheimfällt, wenn er die erwartungsvollen Fragen der Medien beantwortet, die ihn als Held feiern wollen. Und wie Hartung damit ein Lügengebäude aufbaut, in dem er sich zunehmend weniger wohl fühlt. Das ist sehr nachvollziehbar erzählt, als Leser fiebert man mit Hartung mit, während nach und nach die verschiedenen Aspekte der damaligen Geschehnisse aufgeblättert werden. Man fragt sich, ob Hartung je einen Ausweg aus seinem Lügengebäude finden wird.

Diese satirische Geschichte über einen Helden wider Willen hat mich sehr gut unterhalten können. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe alle 5 möglichen Sterne.