Rezension

Hommage an die Leiterin der Heilsarmee in Frankreich

Das Haus der Frauen - Laetitia Colombani

Das Haus der Frauen
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 5 Sternen

Wie schon in ihrem sehr zu empfehlenden ersten Roman „Der Zopf“, der durch den vorliegenden zweiten fast noch getoppt wird, stellt die Autorin Frauen in den Vordergrund ihrer Geschichte. Die Französin Blanche Peyron widmete ihr Leben Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts als Mitglied der Heilsarmee dem Kampf um die Unterstützung obdachloser Frauen in Paris. Unter schwierigsten Bedingungen eröffnete sie den sog. Palais de la Femme, einem Frauenhaus für am Rande der Gesellschaft stehende Frauen, das noch heute betrieben wird. Rückblicke auf die Vergangenheit wechseln sich ab mit Schilderungen aus dem Leben der fiktiven Pariser Staranwältin Solène, die nach dem Suizid eines Mandanten einen burn-out erleidet. Auf den Rat ihres Psychiaters hin nimmt sie eine ehrenamtliche Beschäftigung als öffentlicher Schreiber im Haus der Frauen auf. Die Arbeit für Frauen am Rande der Gesellschaft - obdachlos, rituell verstümmelt, in der Ehe misshandelt, vergewaltigt - lässt Solène trotz mancher Rückschläge ins Leben zurückfinden und erkennen, dass  ihr ganzes bisheriges Leben fremdbestimmt war. Endlich macht sie das, was sie schon als Jugendliche gerne tat – schreiben.

Dieses Buch lässt einen die eigene Komfortzone verlassen und konfrontiert einen mit dem ganzen Elend, dem Frauen seit Jahrhunderten bis in die heutige Zeit hinein ausgesetzt sind. Die Autorin schildert mit großer Genauigkeit die Gefühle und Befindlichkeiten der Frauen, nicht ohne auch einmal durch kleine Anekdoten einen gewissen Humor einzuarbeiten, wodurch dem ernsten Thema etwas an Schärfe genommen wird. Wer dieses Buch gelesen hat, wird hoffentlich nicht mehr den Blick abwenden von gesellschaftlich ausgegrenzten Frauen, die am Straßenrand betteln  oder sich prostituieren, und ihnen mit mehr Empathie begegnen. Sehr lehrhaft sind die Passagen bzgl. Blanche Peyron und der Geschichte der Heilsarmee, die mir bis dato gar nicht bzw. nur vage geläufig waren.

Ein wirklich lesenswertes Buch, auch für Männer.