Rezension

Mittelprächtiger Aufguss

Das Kind in mir will achtsam morden - Karsten Dusse

Das Kind in mir will achtsam morden
von Karsten Dusse

Bewertet mit 3 Sternen

Björn Diemel ist zurück. Nach allen Regeln der Achtsamkeit hat er sich selbstständig gemacht und führt nebenbei noch zwei Mafia-Clans, nachdem er den Chef des einen achtsam ermordet und den Chef des anderen im Keller eingekerkert hat. Jetzt hat er sich dem Morden abgewandt. Aber wie soll er reagieren, wenn seine Geheimnisse in Gefahr sind? Und da ist ja auch noch sein inneres Kind...

Ich kann mich noch gut an den ersten Teil erinnern. Der großartig war: Frisch, voll mit neuen Ideen, schwarzem Humor und skurrilen Gestalten. Da hätte mir schon klar sein müssen, dass es sehr schwer werden würde, eine gelungene Fortsetzung zu lesen. Denn gelungen ist das nicht! Teilweise habe ich mich wie in einer schlechten Kopie gefühlt, denn nach neuen Ideen habe ich häufig umsonst gesucht. Alles wirkt auf mich bemüht, einfach den Hype um den ersten Teil auszunutzen. Bemüht der psychologische Exkurs über das innere Kind in jedem von uns; bemüht in der Krimihandlung. Die ganze Geschichte um die Entführung des Gefangenen birgt keinerlei Überraschung und so bin ich durch die Seiten geflogen, um zu erfahren, was der Autor als Endlösung präsentiert. Die Dialoge zwischen Björn und seinem inneren Kind sind anfangs noch amüsant, haben mich aber im weiteren Verlauf und besonders bei der Laura-Sex-Sascha-Molotowcocktail-Aktion nur noch ermüdet.

Aber es gibt natürlich auch Highlights im Roman, z.B. die Treffen der Kindergartenelterngruppe; einfach grandios! Da blitzt der Humor des ersten Teils auf, und ich habe mich gekringelt vor Lachen: Genauso stelle ich mir heutzutage Treffen von Eltern vor. Oder die Sache mit dem Ohr. Tragisch, dass die ganze Mühe irgendwann als Dünger für Bäume im Park endet. Schade fand ich dagegen, dass die Schurken und die meisten Mitglieder der Mafia-Clans keinen Weg in die Fortsetzung gefunden haben. Ich hätte gerne gewusst, mit welchen Tricks und Ausreden Björn die Geschäfte leitet, ohne dass auffällt, das die Chefs entweder tot oder in Einzelhaft stecken.

Ich glaube, wenn ich den ersten Teil nicht gekannt hätte, wäre es ein besseres Leseerlebnis gewesen. Deshalb sollte man auf einen der beiden Teile verzichten, um nur neue Ideen präsentiert zu bekommen.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 22. Juni 2020 um 11:10

Du hast natürlich auch recht. Krimitechnisch war das nix. Und es bleib einiges auf der Strecke. Weil das ja auch kompliziert wäre. Aber ich glaube, der Grundgedanke des Autors ist nicht, brillantes Krimizeug zu schreiben, sondern psychologische Konstrukte zu karikieren. Und das gelingt ihm super.