Rezension

Thriller um vermisste Frauen, Abschottung und Selbstjustiz mit beklemmender, schauerlicher Atmosphäre

Wolfskinder -

Wolfskinder
von Vera Buck

Bewertet mit 4 Sternen

Jakobsleiter ist ein Dorf am Fuße eines Gletschers, das sich abschottet und dessen Bewohner möglichst wenig Kontakt zu anderen Menschen suchen. Die kleine Gemeinde wird von einem Priester angeführt, der seine Täufergemeinde mit Verschwörungstheorien im Griff hält. 
In der Gegend verschwinden immer wieder Frauen und Mädchen und auch Smilla, die als Volontärin bei einer Zeitung arbeitet, hat vor zehn Jahren beim Zelten ihre Freundin verloren und macht sich deshalb nach wie vor Vorwürfe. Als nun ein 16-jähriges Mädchen aus Jakobsleiter und wenig später ihre Lehrerin aus dem Nachbardorf vermisst werden, gelangt Smilla in die unwirtliche Gegend und trifft dort auf ein junges, verwahrlostes Mädchen, das ihrer Freundin Juli ähnlich sieht. Smilla hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass ihre Freundin noch Leben könnte und muss unbedingt mehr über das Mädchen herausfinden. 
Währenddessen kommt es zu gewalttätigen Szenen gegen die Jakobsleiterer, nachdem das Misstrauen gegen das "Verbrechernest" weiter gewachsen ist. 

"Wolfskinder" wird aus der Perspektive vieler verschiedener Personen geschildert, was gerade zu Beginn den Lesefluss bremst, da es schwierig ist, sich einen Überblick über die Charaktere und die Zusammenhänge zu verschaffen. 
Die Geschichte besticht nicht durch eine dynamische Handlung und herausragende Ereignisse, sondern durch die eigenartigen Verhältnisse in den abgelegenen Bergdörfern und die unheimliche Stimmung, die dadurch verbreitet wird. 
Die Charaktere sind argwöhnisch und undurchsichtig, weshalb sich vieles durch die unbedarfte Sicht der Kinder und Jugendlichen aus Jakobsleiter offenbart. Über polizeiliche Ermittlungen erfährt man wenig, so dass Smillas Rolle mehr Gewicht bekommt, die aufgrund ihres persönlichen Traumas Interesse an der Aufklärung der Vermisstenfälle zeigt und durch ihre Recherchen und einen Zufallsfund im Archiv einen Stein ins Rollen bringt. Der Zufall will es auch, dass gerade sie auf die kleine Edith aus Wolfsleiter trifft, die mit ihren neun Jahren noch nie zur Schule gegangen ist und in dem Dorf versteckt wird. 

Der Thriller fesselt durch die beklemmende Atmosphäre, das abgeschottete und nicht zeitgemäße Leben in Jakobsleiter und die Frage, was und warum dort vertuscht werden soll, während die Aufklärung der Vermisstenfälle nur langsam Fahrt aufnimmt. 
"Wolfskinder" ist schauerlich, düster und rätselhaft und hebt sich damit originell von anderen Büchern des Genres ab.