Rezension

Ein gelungener Psycho-Thriller mit kleinen Schwächen

Das Paket
von Sebastian Fitzek

Mit „Das Paket“ legt Herr Fitzek endlich wieder einen durchdachten Psychothriller vor, der mir deutlich besser gefallen hat als „Passagier 23“, leider aber trotzdem nicht an „Der Augensammler“ herankommt.

Wir bekommen diese packende Geschichte aus Sicht eines allwissenden Erzählers nähergebracht, da im Verlauf der Handlungen immer wieder Zeitsprünge gemacht werden und man sich so in die verschiedenen Cahraktere hineinversetzen kann. Die eigentliche Geschichte setzt nach einer kurzem kurzen Ausflug in die Vergangenheit ein und wird dann weitgehend chronologisch erzählt. Obwohl wir eine relativ große Distanz zu Emma durch diese Perspektivenwahl hatten, konnte ich ihre inneren Konflikte und auch die wahnhaften Gedankengänge sehr gut verstehen und nachvollziehen. Hier hat sich der Autor wieder selbst übertroffen.

Emma ist wohl eine sehr vielschichtige Protagonistin. Schon im Prolog wird klar, dass sie keine leichte Kindheit hatte und vieles darauf zurückzuführen ist. Umso erstaunlicher ist es dann, was sie sich trotz allem aufgebaut hat und dass sie sogar Psychiaterin geworden ist. Die Ironie dahinter ist wirklich gut gelungen, so wird die eigentlich Helfende selbst zur Hilfsbedürftigen. Was ich an Herrn Fitzek immer schon bewundert habe, ist seine Kunst, die Psyche eines Menschen in tausend Einzelteile zu zerlegen. Irgendwann tritt bei jeder Geschichte der Zeitpunkt ein, an dem man selbst nicht mehr weiß, was nun Realität ist und was reiner Wahnsinn oder Fiktion. Das ist ihm in diesem Buch, speziell mit Emma, sehr gut gelungen. Gerade durch ihren Beruf und ihre Selbstanalyse ist die paranoide Darstellung noch mal eine Spur krasser.

Was ich hier ein bisschen vermisst habe, ist die Intensität der Nebencharaktere. Sie sind zwar vorhanden und spielen auch ihre Rolle entsprechend gut, um die Geschichte abzurunden, allerdings fehlte mir etwas Seele. Gerade das Aufbauen einer Verbindung zu den einzelnen Personen macht es ja aus, dass man mit ihnen mitfühlen kann. Außer beim Postboten war das für mich in diesem Roman nicht gegeben. Sie bleiben größtenteils graue Schatten, die direkt wieder aus dem Gedächtnis raus sind.

Kommen wir zur Spannung. Dort muss ich einen größeren Kritikpunkt anbringen. Die erste Hälfte war unglaublich fesselnd und spannend geschrieben. Hier habe ich das Buch praktisch nicht aus der Hand legen können und die Kapitel in einem Rutsch gelesen. Dann irgendwann fing es an, dass sich Herr Fitzek selbst die Spannung genommen hat, indem er einigen Dingen vorgegriffen hat und sie nur noch ausführlicher hinten heraus beschrieben hat. Hätte er im Vorfeld manche Details gar nicht erwähnt, wäre die Überraschung für den Leser noch größer gewesen. Auch war die Auflösung des ganzen relativ – ich sage extra realtiv – unspektakulär. Ich bin einfach ein riesiger Fan vom Augensammler bzw. Augenjäger und hier waren die Finale einfach bombastisch. Ich bin immer noch auf der Suche nach einem vergleichbaren Buch.

Das ganze Psychologiethema hat mir sehr gut gefallen, weil man beide Kehrseiten der Medaille gesehen hat. Auf der einen Seite die starke Psychotherapeutin, die für ihre Patienten einsteht und versteht, was diese umtreibt. Und auf der anderen Seite eine zerbrechliche Seele, die weiß, was mit ihr vor sich geht, die aber machtlos ist, sich dagegen zu wehren. Hier ist der Spagat zwischen Realität und Wahn mehr als gelungen und das möchte ich einfach noch mal lobend hervorheben.

Insgesamt ein rasanter Psychothriller, der den Leser kaum zu Atem kommen lässt. Eine starke Protagonstin, etwas schwächere Nebencharaktere und eine Story, die einem eine Gänsehaut beschert. Für Fans eine klare Leseempfehlung.