Rezension

Anfangs tat ich mich sehr schwer…

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder -

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder
von Antonia Blum

Bewertet mit 3 Sternen

»Sie traute es sich kaum zu denken, aber am liebsten würde sie nach dem Ende der Ausbildung Medizin studieren. … Marlene wollte kleine Patienten heilen, sie wollte forschen und sich auf Kongressen mit Kollegen austauschen, sie wollte mehr als nur Seidenblätter austeilen oder Rollbilder bewegen.«

Berlin, 1911. Für die beiden Waisenmädchen Marlene und Emma Lindow gibt es zum ersten Mal in ihrem jungen Leben eine Zukunftsperspektive. Sie dürfen als Lernschwestern in der neu eröffneten Kinderklinik Weißensee beginnen. Beide gehen voll in ihrer Aufgabe auf und könnten sehr glücklich sein, doch ihre Herkunft lässt sie nie los…

 

Ich war an dieses Buch gelangt, weil mich die Geschichte der Medizin interessiert und ich Berichte über starke Frauen mag, die sich durchbeißen müssen. Beides ist hier gegeben, die neue Klinik stellte auch historisch einen wichtigen Schritt dar, was im Anhang ausgeführt wird. Anfangs jedoch habe ich mich mit dem Buch sehr schwergetan. Es ist wohl der Stil, der mir zu schaffen machte. Ich lese selten Romane, meist dann, wenn mich der historische Hintergrund reizt. Das war hier der Fall, aber die Umsetzung erst einmal gar nicht. Es ist dieser schmachtende, schwülstige Stil, der mir nicht liegt. Das ist natürlich subjektiv, viele werden es anders empfinden. Aber wenn ich beispielsweise einen dramatischen Dialog zwischen zwei Personen lese, der beiden so richtig an die Nieren geht, dann empfinde ich es als nervig, überflüssig und (s.o.) schwülstig, wenn Sätze des Dialogs mit Aussagen wie „Rief sie verzweifelt aus“ begleitet werden.

 

Ein weiterer Punkt, der mir zusetzte, war die starke Fixierung auf Klischees. Warum werden mir hier zwei begeisterte, engagierte und in ihrem Beruf hochbegabte Frauen präsentiert, die dann bei der erstbesten Gelegenheit im wahrsten Sinne des Wortes den Verstand vor Liebe verlieren? Ja, ich weiß, die Romantiker unter den Lesern wird das freuen, für mich gehörte es in die Kategorie s.o.

 

Es gab aber auch Handlungsstränge, die mir gut gefielen. Marlenes Streben nach einem Medizinstudium gehört dazu, das war zu dieser Zeit und mit den schwierigen Startbedingungen ungewöhnlich und mutig. Die Behandlung einzelner kleiner Patienten samt schwieriger Diagnosen war ebenfalls fesselnd und die vielfältige Kritik an der „besseren“ Gesellschaft sagte mir ebenfalls zu. Im Verlauf des Buchs hatte ich mich zudem etwas an den Stil gewöhnt und konnte mich mehr auf die Handlung konzentrieren. Am Ende merkte ich, dass es mich interessieren würde, wie es jetzt konkret vor allem mit Marlenes Studium weitergeht. Vermutlich werde ich dem 2. Band daher noch eine Chance geben.

 

Fazit: Thematisch sehr interessant, aber mit dem Stil tue ich mich sehr schwer.