Rezension

Künstliche Intelligenz in der Medizin

Der 1. Patient -

Der 1. Patient
von Michael Tsokos

Bewertet mit 4 Sternen

„Der 1. Patient“ ist der vierte Fall für Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Das Buch wurde von Florian Schwiecker und Prof. Dr. Michael Tsokos geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im Knaur Verlag (Verlagsgruppe Droemer Knaur) erschienen. „Der 1. Patient“ ist der vierte Band der „Eberhardt & Jarmer ermitteln“ Reihe.

Bei ihrem vierten gemeinsamen Buch haben sich Florian Schwiecker und Prof. Dr. Michael Tsokos für ein hochbrisantes Thema entschieden, das aktueller nicht sein könnte. Die beiden konfrontieren Eberhardt und Jarmer mit Künstlicher Intelligenz und auch den Schauplatz ihres Kriminalfalls hätte sie nicht besser wählen können. Der Tatort ist dieses Mal ein Operationssaal und das Opfer ein Patient, der auf den ersten Blick sterben musste, weil die Künstliche Intelligenz einen verheerenden Fehler begangen hat. Das Autoren Duo bedient sich also einer allgegenwärtigen Skepsis, die wahrscheinlich ein erheblicher Teil unserer Gesellschaft dem Thema Künstlicher Intelligenz gegenüber hegt.

Rocco Eberhardt übernimmt im Fall „Dr. Sasha Müller“ schon nach wenigen Kapiteln eine tragende Rolle. Dabei stößt er im Laufe der Gerichtsverhandlung immer wieder auf ungeahnte Herausforderungen, die ihn stellenweise zu fragwürdigen Entscheidungen verleiten. Diese verhelfen ihm zwar zu wichtigen Informationen, am Ende findet den Entscheidenden Hinweis aber eine andere Person.

Dr. Justus Jarmer spielt im Fall „Dr. Sasha Müller“ für lange Zeit nur eine Nebenrolle. Ein Ereignis ganz zum Beginn der Geschichte sorgt dafür, dass die Obduktion am verstorbenen Patienten nicht von Jarmer durchgeführt wird, sondern von einer Kollegin. Erst im letzten Drittel der Geschichte spielt dann auch er eine größere Rolle und trotzdem verschwindet er im Schatten von Eberhardt.

Ich muss sagen in diesem Buch stört mich die ungleiche Rollenverteilung von Justiz und Rechtsmedizin. Ich liebe diese Reihe, weil sie mir verpackt in eine spannende Geschichte Einblicke in eine sonst verschlossene Welt gibt. Aber im vierten Buch hat sich die Geschichte für meinen Geschmack zu sehr auf das Gerichtsverfahren konzentriert und zu wenig auf die Rechtsmedizin. Die hat meiner Meinung nach kaum eine Rolle gespielt, was ich sehr schade finde. Ich fand das Gerichtsverfahren nicht langweilig, aber die Geschichte hätte mir besser gefallen, wenn dieser Handlungsstrang nicht so viel Raum eingenommen hätte.

Florian Schwiecker, der viele Jahre als Strafverteidiger gearbeitet hat, gewährt den Lesern auch in „Der 1. Patient“ detaillierte Einblicke in die Arbeit eines Strafverteidigers, die für mich als Laien stets verständlich beschrieben wurden. Die Einblicke von Prof. Dr. Michael Tsokos in seine Arbeit als Rechtsmediziner habe ich sehr vermisst.

Dem Autorenduo ist es auch dieses Mal hervorragend gelungen von der ersten Seite an Spannung aufzubauen und diese bis zum Schluss zu steigern. Etliche unvorhersehbare Wendungen haben dazu beigetragen, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Kurze Kapitel sorgen für einen flüssigen Lesegenuss und Ort- und Datumsangaben zum Beginn der Kapitel für eine gute Orientierung innerhalb der Handlung. Der Schreibstil von Schwiecker und Tsokos ließ sich sehr angenehm und flüssig lesen. Erzählt wird die Geschichte aus vielen unterschiedlichen Sichten. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit

Der vierte Fall für Eberhardt und Jarmer fängt sehr vielversprechend an, entwickelt sich dann aber leider zunehmend in eine Richtung, mit der ich nicht glücklich bin.