Rezension

Interessante Mischung aus Dystopie und Fantasy

Die Farben des Blutes, Band 1: Die rote Königin
von Victoria Aveyard

Bewertet mit 4 Sternen

Sie lebt unter den Ärmsten der Armen in einer Zweiklassengesellschaft. Seid ihrer Geburt hat man ihr eingetrichtert, sie wäre aufgrund der Farbe ihres Blutes nichts wert.
Dabei entspricht das ganz und gar nicht der Wahrheit.

Es gibt die Roten, die Arbeiter, die Gewöhnlichen, die Soldaten und es gibt die Silbernen, diejenigen, die herrschen und über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen. Mare gehört Ersteren an und schlägt sich als sehr geschickte Diebin durch.
Doch ihr droht wie ihren drei Brüdern die Einberufung ins Heer und damit in den Krieg, der höchstwahrscheinlich ihr Tod sein wird. Nur eine Arbeitsstelle könnte sie vor diesem Schicksal bewahren, aber genau eine solche am Königshof bringt sie in eine noch größere Gefahr, von der sie gar nichts ahnt. Und diesmal befindet sie sich auf ganz ungewohnten Terrain, ohne eine Möglichkeit, ihr Heil in der Flucht zu suchen. Sie muss lernen zu kämpfen, nicht nur um ihr Leben, sondern auch um ihr Herz.
 

Als ich dieses Cover beim Carlsen Verlag in der Vorschau entdeckte, hat es mich sofort neugierig gemacht. Die Inhaltsangabe versprach eine spannende Fantasystory und in der Hinsicht hat sie mich auch nicht enttäuscht.
Die Figuren waren über weite Strecken so, wie ich es erwartet hatte, was aber nichts Schlechtes heißen muss. Mare ist das typische Mädchen aus der unteren Gesellschaftsschicht, die gegen ihren Willen zur Heldin wird und dabei auch die Liebe und deren Tücken kennenlernt. Obwohl sie auch richtig tough sein kann, ist der Königshof absolut nicht ihre Welt und sie kann sich erst gar nicht darin zurechtfinden. Das ist ein Umstand, den ich im Gegensatz zu anderen Leser sehr realistisch fand, da die wenigsten zu knallharten Rebellen werden, wenn sie nicht nur mit einer neuen Umgebung, sondern auch mit einer völlig gegensätzlichen Lebensweise konfrontiert werden. Sie ist eben jemand, der sich unauffällig nimmt, was sie braucht und dann verschwindet, keine Politikerin und auch keine eiskalte Kämpferin. Dazu muss sie erst werden. Und ich denke, das was sie in dem Band erlebt hat, wird ihr bei dieser Entwicklung helfen.
Die übrigen Charaktere wirkten dagegen nicht so nachvollziehbar, da noch einige Hintergründe im Dunkeln bleiben. Am meisten hat mich Cal überrascht, der nicht gerade wie der typische Märchenprinz handelt. Ansonsten ist hier noch viel Luft nach oben.
 
Der Schreibstil lässt sich wunderbar leicht lesen und das, obwohl die Autorin sich sehr viel Mühe gibt, einem ihre Welt in anschaulichen Bildern näher zu bringen. Ich hatte sowohl Stilts mit seinen Pfahlbauten als auch die Sommerresidenz des Königs sofort vor Augen. Hinzu kommen die vielen verschiedenen Fähigkeiten und Adelshäuser, über die man erst nach und nach mehr erfährt. Das ergibt eine interessante Welt, die zwar nicht völlig neu, aber trotzdem spannend zu erleben ist. Nach einem kurzen Abriss über das Leben der Armen wird man schnell mitten in die Handlung hineingerissen und bekommt so einige unerwartete und auch grausam endgültige Wendepunkte serviert. Natürlich darf das obligatorische Liebesgeplänkel nicht fehlen, doch es hält sich meiner Meinung nach erfreulicherweise in Grenzen. Was mir da positiv aufgefallen ist, ist dass große Gefühle aus den jeweiligen nicht unbedingt vollkommene Idioten machen, wie es bei anderen Büchern dieser Art der Fall ist.
Leider fehlt es mir wie bei den meisten Protagonisten auch bei dem Entwurf einer eventuellen Zukunft oder alternativen Realität (?) an den Informationen zu der Vorgeschichte. Es wird ein bisschen was angedeutet, allerdings ist das nicht einmal genug, um das Genre irgendwie einzugrenzen. Zum Glück folgen noch weitere Bände, die in der Hinsicht einiges aufholen müssen.

 

Fazit

Die rote Königin von Victoria Aveyard ist ein gelungener Einstieg in die Trilogie um die Farben des Blutes, der gekonnt Bekanntes aus dem Fantasy- und Dystopiebereich mit neuen Elementen vermischt. Eine glaubwürdige Hautfigur und ihr ebenso realistisch wirkender Love Interest, eine mitreißende, wendungsreiche Handlung und ein bildhafter Schreibstil, der die dazu passende Atmosphäre schafft, konnten mich an dem Roman begeistern.
Leider fehlten mir so einige Informationen zu den Hintergründen und den Charakteren, was besonders bei letzterem den Eindruck einer ärgerlichen Eindimensionalität hinterlässt.
Wer genau das erwartet, was die Inhaltsangabe verspricht, vergleichsweise unaufdringliche Liebesgeschichten bevorzugt und gerne spannende Jugendbücher liest, die einen mit Kleinigkeiten überraschen, für den ist dieses Debüt auf jeden Fall geeignet.