Rezension

Wenn B-Promis zum Literaturfestival reisen ...

Wenn Worte töten
von Anthony Horowitz

Bewertet mit 4 Sternen

Obwohl Anthony Horowitz das Manuskript zum zweiten Band seiner True-Crime-Serie noch nicht abgeliefert hat, findet ein Verlagstermin mit Lektor, Agentin und Werbe-Chefin statt. Noch überraschender: auch Daniel Hawthorne ist mit von der Partie, Ex-Scotland-Yard-Ermittler und zugleich Horowitz‘ Serienheld. Beide sollen an einem kurzfristig angekündigten Literatur-Festival auf der Kanal-Insel Alderney teilnehmen. Das Verhältnis von Autor und Biografiertem wirkt gespannt, kein Wunder; denn Hawthorne kassiert die Hälfte des gemeinsamen Honorars von Penguin, so dass selbst die Agentin aus diesem Vertag nur wenige Brosamen erhält.

Bei der Ankunft in Alderney wird offensichtlich, dass die Teilnehmer aus der B-Prominenz rekrutiert wurden: außer dem Tandem Horowitz/Hawthorne treffen eine blinde Wahrsagerin, ein Promi-Koch,  eine Kinderbuchautorin und eine unbekannte französische Poetin ein. Die Atmosphäre wirkt sichtlich gespannt, weil die Inselbevölkerung sich kurz zuvor über den Bau einer Überland-Leitung auf der Insel zerstritten hat, von der ausgerechnet der Festival-Veranstalter den größten Profit erwartet. Als diverse alte Konflikte und Kränkungen zwischen Bewohnern und Gästen zutage treten und ein Mord geschieht, wird ausgerechnet  Hawthorne von den Ermittlern aus Guernsey um Hilfe gebeten. Alderney selbst hat keinen Polizeiposten.

Die Ermittlungen verschärfen den bereits angedeuteten Konflikt zwischen Autor und seinem Serienhelden; denn  Horowitz muss Hawthorne sowohl Verbindungen aus früheren Ermittlungen als auch aktuelle Beobachtungen stets einzeln aus der Nase ziehen. Ihre Kommunikation läuft wie eine Wissenssendung im Kinderprogramm ab: der Autor rätselt ahnungslos, Hawthorne erklärt eine spontan wirkende Theorie, der Autor macht „Ah!“. Horowitz wirkt wenig begeistert, dass der Fall sich schneller zu entwickeln scheint, als er mitschreiben kann. Schließlich liegt ein Set denkbarer Motive vor, falsche Spuren werden für Horowitz samt seinen Krimi-Lesern gelegt  – und ein zweiter Todesfall ist zu verzeichnen.

Fazit

Im klassischen Insel-Setting, in dem niemand die Insel verlassen darf, ehe nicht alle Zeugen vernommen sind, entwickelt sich Horowitz/Hawthornes gemeinsamer Fall zunächst  gemächlich. Die Einführung der Figuren und ihrer Beziehungen konnte mich fesseln, auch wenn das Inselfeeling sich trotz eingefügter Landkarte in Grenzen hielt. Irrtümer und Sackgassen des Besucher-Tandems auf dem Weg zur Lösung fand ich zu aufgebläht, weniger Irrwege hätten der Spannung hier nicht geschadet.

Die Serie

Band 3, dem ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos zu folgen ist.