Rezension

Familie oder Liebe? Wenn ein "Und" nicht möglich ist

Das Licht von tausend Sternen
von Leonie Lastella

Bewertet mit 4 Sternen

Vormittags muss sie auf ihren jüngeren Bruder Ben aufpassen, mittags geht sie in die Universität, um ihr Sozialpädagogikstudium wahrzunehmen und abends passt sie wieder auf ihren Bruder auf. Platz für Freizeit und Freunde ist in Harpers Leben kaum. Doch sie arrangiert sich mit der Situation und entlastet ihre, nach dem Tod ihres Vaters alleinerziehende Mutter, denn ihr elfjähriger Bruder kann aufgrund seines Autismus nicht alleine bleiben. Gefühle verunsichern ihn und wenn nicht alles nach einem festen Ablauf läuft, bekommt er einen Anfall. Mit dieser Situation hat sich Harper abgefunden und kooperiert super mit ihrer Mutter, um die Betreuung von Ben sicherzustellen – bis Ashton auftaucht und ihr Herz höherschlagen lässt. Chaos und Konflikte sind vorprogrammiert, da Harper bei weitem nicht so frei und unabhängig ist, wie sie es gerne wäre, um Zeit mir ihrer ersten richtigen Liebe verbringen zu können. Wird sie sich für ihre Familie oder für ihre Liebe entscheiden? Denn beides gleichzeitig scheint für Harper unmöglich.

 

Das Buch ist abwechselnd aus der Sicht von Harper und Ashton in der Ich-Perspektive geschrieben. Beide Charaktere wirken zumeist authentisch und sorgen dafür, dass sich der Leser gut in sie hineinversetzen und ihre Handlungen zumeist nachvollziehen kann. Durch den direkten Einblick in die Gedanken beider Protagonisten wird deutlich, dass jeder von ihnen keine einfache Vergangenheit und kein unkompliziertes Familienleben hat, sondern jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat, von dem der Leser erst im Verlauf der Geschichte Einzelheiten erfährt. Durch diese, für den Leser immer neuen Erkenntnisse und Offenbarungen der Figuren, verliert das Buch nicht an Spannung und sorgt dafür, weiterzulesen, um mehr über die Protagonisten zu erfahren.

Auch einige Nebencharaktere tragen zu der Handlung bei und bekommen ausreichend Raum, um Wesenszüge von sich darlegen zu können. Einige sorgen mit ihrer Art und Weisen sowie ihrer Offenheit mehr als einmal für ein Grinsen beim Lesen.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen und sorgt mit der erzählten Geschichte dafür, dass das Buch den Leser an die Seiten fesselt. Der Autorin ist es gelungen, dass trotz der ernsten und nicht einfachen Thematik, insbesondere in den Szenen mit Ben, viele verschiedene Emotionen beim Leser ausgelöst werden, darunter auch Unbeschwertheit und Amüsiertheit, die mit der Leichtigkeit des Schreibstils einhergehen.

Die kurzen Kapitel und die damit einhergehenden vielen Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung beim Lesen. Der Leser möchte immer noch ein Kapitel weiterlesen, was dazu führt, dass das Buch kaum aus der Hand gelegt werden kann.

Es werden für Jugendliche wichtige Themen und damit einhergehende alltägliche Probleme angesprochen, wie die erste richtige Liebe, das nicht immer unbeschwerte Verhältnis zu der Familie, Pflichtbewusstsein, das Bilden einer eigenen Persönlichkeit, der Umgang mit Autismus und viele weitere Aspekte. Diese schwingen unterschwellig mit, ohne belehrend zu wirken oder sich in den Vordergrund zu drängen, hinterlassen den Leser jedoch nachdenklich.

Durch den Schreibstil und die Thematik ist das Buch insbesondere für jüngere jugendliche Leser geeignet. Es gibt einige unerwartete Wendungen und Ereignisse in der Geschichte, jedoch liegt der Fokus auf Emotionen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die gut dargelegt werden und den Leser beim Lesen berühren. Das Buch ist sehr zu empfehlen.