Rezension

Spiel mit den Möglichkeiten

Der Brief
von Carolin Hagebölling

Bewertet mit 5 Sternen

"Die Realität ist eine Frage der Wahrnehmung, nicht der Wahrheit."
Dies sagt Martin, ein ehemaliger Schulfreund, zu Marie. Und sagt damit auch alles über dieses Buch aus.

Marie ist Journalistin, lebt in Hamburg zusammen mit ihrer großen Liebe Johanna. Ein von Liebe und gegenseitigem Verständnis geprägtes Leben. Fast zu schön, denkt man beim Lesen. Doch dann: Zwischen all die geschilderte Lebens-Normalität nisten sich Briefe ein, die eine zunehmend verstörende Wirkung haben. Weil sie unerklärlich sind, weil sie von einem anderen Leben erzählen, einem Leben, das Marie in Paris führt, zusammen mit Victor. Marie macht sich auf die Suche, auf die Suche nach einer Erklärung, die ihr Lebensgleichgewicht wieder herstellen könnte...

"Der Brief" ist ein kleines, feines Buch. Ein Buch, das man nach der letzten Seite nicht weglegen kann mit einem erleichterten: "Ach, so war das." Ein Buch, das sich frech im Kopf einnistet und Fragen stellt. Was wäre wenn? Warum so und nicht anders? Wer hat wann die Weichen gestellt? Existentielle Fragen, ganz unscheinbar, aber fesselnd verpackt in diesem kleinen, großen Buch.