Rezension

Die Macht der Elemente - und der schönen Augen

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft -

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft
von Kira Licht

Bewertet mit 3 Sternen

Die 17-jährige Emilia hat ein Talent für Mathematik und Rätsel aller Art. Auf einem Klassenausflug ins Museum bemerkt sie, dass sie als scheinbar erster Mensch das dort ausgestellte Voynich-Manuskript lesen kann - auch wenn der Inhalt mehr als kryptisch für sie klingt. Kurz darauf steht so ein junger Snob vor ihr und fordert sie auf, mit ihm zu kommen, da er mit ihr reden müsse. Kaum ist sie den aufdringlichen Kerl los, stehen gleich die nächsten, wenn auch fashionmäßig nicht ganz so durchgestylten Typen vor ihr und wollen sie ebenfalls gewaltsam irgendwohin mitnehmen - was der Snob von vorher mit seinen Freunden im letzten Moment verhindern kann. Allerdings nicht, ohne noch einen kleinen Kampf der Elemente zu liefern. Im Nachhinein stellen sich Emilias Retter als Alchemisten des Gold-Ordens heraus. Die Angreifer waren Angehörige des Quecksilber-Ordens, während Emilias bisher unentdeckt gebliebenen Kräfte dem Silber-Orden zuzuschreiben sind. Und ihr Talent, das Voynich-Manuskript zu entziffern, ist genau die Gabe, welche der Gold-Orden für seine aktuellen Ziele benötigt.

Abenteuer mit Alchemisten, welche nicht unbedingt dieselben Ziele verfolgen - das klingt erstmal spannend. Dass Emilias Talent 17 Jahre lang unentdeckt geblieben ist wirkt schon etwas merkwürdig. Zumal sich dann plötzlich alle um sie reißen. Die Art, wie zunächst mit Emilia umgegangen wird, empfand ich leider als unmöglich. Da stellt Goldjunge Ben sich als Retter Emilias vor den „Quecks“ dar, hat aber wenige Momente zuvor genau dasselbe versucht - sie irgendwohin mitzunehmen. Als wenn eine 17-jährige Schülerin einfach so mit einem Wildfremden mitgehen würde, der sie dazu auffordert, mitzukommen. Und auch weiterhin haben viele der Gold-Alchemisten erstmal nichts Besseres zu tun, als ihr wiederholt vorzuwerfen, wie blöd sie doch ist, dass sie die Alchemisten-Basics nicht weiß - aber auf die Bitte hin, ihr mal was zu erzählen, bekommt sie nur zu hören, das ginge nicht, solange sie nicht korrekt registriert sei. Aber wie dämlich sie doch sei… Leider, und das hat mich regelrecht schockiert, hat Emilia sich doch tatsächlich schnell selbst als dumm und undankbar gefühlt, weil die anderen doch nun plötzlich dauern ihr Leben retten. Dass dies aber erst notwendig ist, WEIL die Goldies die gegnerischen Alchemisten auf sie aufmerksam gemacht haben, interessiert niemanden. Zum Glück sind nicht alle der Goldalchemisten so arrogant. Leider loben die Goldenen sich dauernd in den höchsten Tönen, während die Autorin die Silbernen als inkompetenten Haufen darstellt und die Quecks wie ein Schwarm Rüpel in Military Boots daherkommt. Klischee pur. Und ausgerechnet Ben, der arrogante Superschnösel, der mit 19 Jahren bereits angeblich was weiß ich wieviele Studiengänge und Sonderkurse absolviert haben will und Emila in einer Tour runterzieht, wird auch noch ihr Love Interest? Muss an seinen schönen Augen liegen.

Ich find es so schade - die Idee war so super. Ein wenig Alchemie, ein wenig Indiana-Jones-Abenteuer, dazu Geheimnis-Entschlüsselungen wie bei Dan Brown und nebenbei eine verbotene Liebe. Was ich bekommen habe war ein wiederholtes Schlechtmachen von Emilia, bis sie selbst daran glaubt, Klischee-Gegner und stellenweise ein überzogener Griff ins Periodensystem, der zwar einige Reaktionen bei Angriffen erklärt, nicht aber diverse magische Spontanöffnungen in irgendwelchen Wänden, die mir doch eher wie Science-Fiction-Effekte vorkamen. Nicht zu vergessen, dass Emilia sich ausgerechnet zu dem Typen hingezogen fühlt, der sie von Anfang an am arrogantesten herunterputzt. Von den Ideen her wirklich toll, die Umsetzung riss mich leider nicht so ganz vom Hocker.