Rezension

Phantastische Geschichte, die manchmal ein wenig unübersichtlich und kompliziert ist

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft -

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft
von Kira Licht

Bewertet mit 4 Sternen

Ich liebe das wunderschöne Cover des Buches. Die Verbindung aus einem schlichten, schwarzen Cover mit filigranen Kunstelementen lässt das Buch unglaublich edel wirken und passt hervorragend zum Inhalt des Werkes. Mir gefällt außerdem, dass auch das alchemistische Symbol für Salz in das Cover und auch auf dem Buchrücken eingearbeitet ist, weil es subtil auf die Kräfte von Emilia verweist, was man aber erst bei der näheren Betrachtung erkennt.

Die Geschichte an sich klingt erstmal extrem spannend: Emilia Pandolfini ist fast mit der Schule fertig und genießt die Zeit nach den Prüfungen mit ihren besten Freuden Tizi und Matti in vollen Zügen. Doch dann ändert sich ihr Leben mit einem Schlag, als sie beim Besuch in einem Museum plötzlich die Schrift auf dem geheimnisvollen Voynich-Manuskript lesen kann, das eigentlich es der letzten verschlüsselten Geheimnisse der Menschheit ist. Als sie das Museum verlassen will, wird sie von dem düsteren Goldalchemisten Ben angesprochen, der ihr offenbart, dass sie die Nachfahrin einer großen Silberalchemistin ist und sie sich brauchen, um ein wichtiges Artefakt bergen zu können. Während sie zwischen die Fronten von rivalisierenden Orden gerät, kommt sie Ben immer näher, aber zwischen den beiden ist jede Berührung verboten…

Der Schreibstil des Buches ist wirklich unglaublich gut und hat mich ab der ersten Seite abgeholt. Ich mochte, wie humorvoll vor allem die Begegnungen mit Ben immer wieder beschrieben wurden, sodass ich vor allem bei ihren Auseinandersetzungen immer wieder lachen musste. Gleichzeitig habe ich aber auch gebraucht, um richtig in die Geschichte zu finden. Das lag daran, dass man quasi von Anfang an, mit Informationen nur so überschüttet wird. Mit jeder Seite bekommt man neue Erkenntnisse und wird mit chemischen Fakten bombardiert, sodass man gar nicht hinterherkommt. Ich musste das Buch immer wieder aus der Hand legen, um kurz darüber nachzudenken, was denn gerade passiert ist. Das Problem dabei war, dass die Informationen nicht eine nach der anderen herauskommt, sondern erst keine und dann alles auf einmal. Mir fiel die Verarbeitung der Fakten manchmal wirklich schwer, vor allem weil ich keine große Chemikerin bin und da manchmal ein paar Sachen vorausgesetzt wurden, die mir aber fehlten. Ich mochte allerdings die Idee hinter der Geschichte an sich wirklich unglaublich gerne und ich war auf jedes neue Detail gespannt. Obwohl mich die neuen Sachen immer wieder überfordert haben, ging es Emilia ja ähnlich und ich konnte so ihre Überforderung und Hilflosigkeit ganz gut nachvollziehen, auch wenn es mir schwerfiel, das Buch in einem Zug durchzulesen.

Auch bei den Figuren habe ich ein wenig gebraucht, um mit ihnen warm zu werden, obwohl mir das bei Emilia deutlich leichter fiel als bei Ben. Ich mochte sie eigentlich von Anfang an, konnte ihre Handlungen aber manchmal nicht so richtig nachvollziehen, bei Ben war das gefühlt eher andersrum. Ich mochte bei Emilia, dass sie zwar eine eher ruhige, zurückhaltende Person ist, die nicht im Mittelpunkt stehen will, dabei aber keine graue Maus ist, sondern weiß sich vor allem Ben gegenüber durchzusetzen und lässt sich nicht von ihm einschüchtern. Das war mir wirklich sympathisch, aber ich habe häufig nicht verstanden, warum sie sich dauernd in Gefahr gebracht hat, obwohl alle Alchemisten ihr immer wieder deutlich gemacht haben, wie sehr sie in Gefahr schwebt, seit die Alchemisten der Quecksilber-Loge sie angegriffen haben und dass das jeder Zeit wieder passieren könnte. Sie weiß am Anfang der Geschichte noch nicht wirklich viel über die Alchemisten und ich kann sogar verstehen, dass sie nach Antworten sucht, aber die Art und Weise ist mir an einigen Stellen zu naiv, sodass ich nach einer Zeit ein wenig genervt von ihren Handlungen war. Bei Ben konnte ich seine Handlungen fast immer theoretisch nachvollziehen, aber er verhielt sich Emilia gegenüber oft absolut empathielos und eiskalt, obwohl er sie braucht, um das Rätsel um das Voynich-Manuskript zu lösen. Ich konnte teilweise verstehen, warum er sich so verhält, er wurde seit frühester Kindheit zum Alchemisten ausgebildet und hat deswegen keinerlei Verständnis dafür aufbringen, dass für Emilia nicht auch ihre Mission an erster Stelle steht. Obwohl ich ihn durchaus theoretisch verstehe, dauert es für mich teilweise ein wenig zu lange bis er endlich auch mal seine ‚weichere‘ Seite aufblitzen lässt. 
Die Nebencharaktere hingegen sind absolute Highlights: Sie sind absolut authentisch und besonders, dass mir jeder einzelne im Gedächtnis bleiben wird. Ich mochte vor allem die Mitglieder der Gold-Loge wirklich gerne und fand jeden von ihn deutlich sympathischer als Ben zu Beginn der Geschichte. Ich war so froh, dass sie Emilia den Übergang in das Leben einer Alchemistin einfacher gemacht haben und sie immer wieder für lustige Situationen gesorgt haben. Deswegen fiebert man auch wirklich mir ihnen mit und ist bei dem ein oder anderem Verhalten wirklich gekränkt und fast schon persönlich beleidigt.

Alles in allem habe ich die Geschichte vor allem wegen der interessanten Idee und der durchaus sympathisch gestalteten Charakteren überzeugt, auch wenn ich von den ganzen chemischen, physikalischen und historischen Fakten immer mal wieder überfordert war. Ich freue mich schon riesig auf den zweiten Teil der Reihe, nicht zuletzt wegen des krassen Cliffhangers, mit dem ich so gar nicht gerechnet habe.