Rezension

Mehr als nur Erotik

Dublin Street - Gefährliche Sehnsucht - Samantha Young

Dublin Street - Gefährliche Sehnsucht
von Samantha Young

Bewertet mit 5 Sternen

"Dublin Street" handelt von der jungen Jocelyn Butler, die nach Dublin kommt, um dort zu studieren und anschließend als Autorin Fuß zu fassen. Vor allem aber will sie vergessen, denn im Alter von 14 Jahren verlor sie ihre ganze Familie bei einem Autounfall. Dies hat Joss enorm verletzbar gemacht und deswegen ist sie mehr als skeptisch, als sie nach langer Zeit mal wieder körperlich auf einen Mann reagiert, nämlich den attraktiven Braden Carmichael. Zu allem Übel merkt sie auch noch schnell, dass er mehr will, als nur eine rein sexuelle Beziehung.
Ich muss gestehen, dass ich wirklich sehr skeptisch war, was ich wohl von diesem Roman erwarten könnte. Zum einen ist da dieses Cover, das sich schnell man in die Erotik-Abteilung schieben lässt, die Leseprobe, die doch sehr davon beherrscht ist, das die sexuelle Anziehung von Joss und Braden bis ins kleinste Detail erläutert wird und zum anderen ist da die Aussage der Autorin, dass es sich bei "Dublin Street" um einen Liebesroman handelt. Nun nach vollständigem Lesen denke ich, dass man den Roman perfekt in der Mitte der beiden Genres einordnen kann.
Natürlich ist ein großer Teil der Geschichte von Erotik eingenommen, aber ich tue mich schwer, das alleine darauf zu reduzieren, denn ich persönlich empfinde Erotikromane inhaltlich nicht gerade als literarisches Kunstwerk. Samantha Young ist es stattdessen gelungen, die erotischen Anteilen sehr ästhethisch und vor allem den Situation sehr angemessen zu beschreiben, gleichzeitig aber gelingt es ihr auch, großartige Charaktere zu schaffen und damit eine wirkliche Geschichte um all den Sex herum zu spinnen.
So ist vor allem Joss so nervig zu Beginn der Romans, dass es großartig möglich ist ihre Entwicklung durch die Geschichte hinweg nachzuvollziehen. So ist sie zunächst kühl, frech, lässt niemanden an sich ran und ist stets unehrlich (dies zum Beispiel wurde perfekt gelöst, denn einerseits hatte man ihre Gedanken in Kursiv und dahinter das, was sie letzlich sagt und das war meist das genaue Gegenteil). Später ist sie zwar noch lange nicht das genaue Gegenteil, aber sie ist doch wesentlich offener und vor allem ehrlicher zu anderen, aber vor allem zu sich selbst.
Dann ist da noch Braden Carmichael, der wirklich der perfekte Mann für all die Erotik ist. Einerseits sehr empfindsam, andererseits dominant, Macho und versaut (die Sex-Sms einfach herrlich!). Und ich denke genau so muss ein Mann sein, um für den Leser die sexuellen Spannungen nachvollziehbar zu machen und zum anderen, um auch mit ihm nachempfinden zu können.
Stroytechnisch ist es eben wirklich gelungen, dass einem beim Lesen nie langweilig wird. Denn trotz der Ich-Perspektive weiß man noch lange nicht alles über Joss, das lernt man auch erst durch ihre Therapiesitzungen und ihren Umgang mit den anderen Menschen. Somit unterstützt diese Erzählstrategie, dass einem klar wird, dass viele der Erlebnisse aus ihrem Leben ihr selbst nicht wirklich bewusst sind, weil sie diese tief in sich selbst vergraben hat und somit begleitet man sie dabei, wie nach und nach alles wieder an die Oberfläche kommt, wie sie sich in diesem Prozess sich selbst und den anderen (einschließlich Leser) öffnet.
Selbst die Sexbeschreibungen reihten sich da gelungen ein. Obwohl es manchmal doch echt zum Augen rollen war, weil Joss nach jedem Sex behauptete, dass dieser der beste ihres Lebens gewesen sei, war es gleichzeitig auch nachollziehbar, da sie sich bei jedem Mal mehr auf Braden einließ und dadurch viele Dinge einfach viel intensiver und auch einfach anders und damit besser empfinden konnte.
Mein Fazit für "Dublin Street" ist, dass man es hier definitiv nicht nur mit einem reinen Erotik-Roman zu tun hat. Stattdessen schlummert von der Handlung her eine berührende Geschichte im Hintergrund, von der man sich gut unterhalten fühlt. Von daher fällt es mir auch schwer zu behaupten, dass es sich hierbei um eine Nebenbei-Lektüre handelt. Ich denke, dass beim nur so nebenbei Lesen doch einige Aspekte untergehen. Somit ja, Erotik ist viel vorhanden und das auch gut beschrieben und dennoch kann man "Dublin Street" nicht einfach auf Erotik reduzieren!