Rezension

Buch mit wow-Effekt

Elias & Laia - Die Herrschaft der Masken
von Sabaa Tahir

Bewertet mit 4.5 Sternen

Bei einem nächtlichen Angriff werden Laias Großeltern getötet und ihr Bruder gefangen genommen. Sie selbst kann fliehen und setzt sich das Ziel, ihren Bruder zu befreien. Laia hofft, dass die Rebellen ihr im Kampf gegen die gefährlichen, skrupellosen Masken helfen können.
Der 20-jährige Elias ist eine dieser Masken, doch er verabscheut die grausamen Befehle, die er gezwungen ist, auszuführen. Gerade als er beschließt, zu fliehen, und damit sein Leben aufs Spiel zu setzen, tritt eine alte Prophezeiung in Kraft. Sowohl für Laia als auch für Elias beginnt ein Kampf um Leben und Tod...

Anfangs hat mich dieses Buch verwirrt, dann hat es mich berührt und dann hat es mich so gefesselt, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Sabaa Tahir entwirft eine sehr komplexe Welt mit ganz eigenen Gesetzen. Alle Völker, Waffen und überirdischen Gestalten haben ganz eigene, ungewöhnliche Namen, sodass es anfangs schwer ist, all diese Begriffe aufzunehmen und sofort wieder richtig zuzuordnen. Mit der Zeit findet man sich aber gut in dem Imperium zurecht. Ein kleiner Glossar oder auch eine Landkarte wären allerdings trotzdem hilfreich gewesen.

Elias und Laia sind sehr unterschiedliche Figuren von verschiedener Herkunft und mit sehr unterschiedlichen Lebensvorstellungen – im Grunde stehen sie in dem Kampf, den sie führen, genau auf entgegengesetzten Seiten und doch plagt beide der selbe Wunsch: Freiheit.
Ihre Geschichten laufen parallel nebeneinander her, nur hin und wieder gibt es einige Berührungspunkte. Dabei sind beide Schicksale sehr spannend zu verfolgen und beide Charaktere so sympathisch, dass man schnell beginnt, mitzufiebern und mitzuleiden.
Elias und Laia schildern ihre Erlebnisse abwechselnd aus der Ich-Perspektive und gewähren damit einen Einblick in ihre Gefühlswelt. Dank vieler bildhafter Beschreibungen gelingt es mit der Zeit immer besser, sich die fremde Welt mit ihren ungewöhnlichen Bewohnern vorzustellen.
Auch andere Figuren werden über die zwei Protagonisten mal mehr, mal weniger ausführlich vorgestellt. Dabei ergibt sich eine sehr vielfältige, abwechslungsreiche Mischung an Charakteren, die großes Konfliktpotential bereithält. Während einige Figuren nur eine Nebenrolle spielen, nehmen andere einen wichtigen Platz im Leben von Elias oder Laia ein, wobei so mancher mit seiner facettenreichen Persönlichkeit zu überraschen weiß.

Die Handlung ist dramatisch, actionreich, bewegend, gefühlvoll, aber ganz oft auch sehr grausam und blutig. Nicht nur die Figuren, auch der Leser erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Besonders die brutalen Szenen lösen immer wieder auch Abscheu aus, gepaart mit der Faszination, was manche Charaktere bereit sind, für ein wenig Macht zu opfern. Dabei gibt es eine höhere Macht, die aufgrund einer alten Prophezeiung Schicksal spielt und die Figuren schonungslos zu Schachfiguren macht. Die Frage nach dem ‚Warum’ drängt sich dabei immer wieder auf? Warum wollen sie, dass so viele sterben? Und warum folgen ihnen so viele so willenlos? Darüber hinaus gab es immer wieder Situationen, in denen ich beim Lesen fast schon unruhig wurde: Wenn Person X nun Person Y einfach erzählen würde, was sie weiß, dann könnte alles anders verlaufen... Da man ganz viele Figuren und ihre Beweggründe schwer einschätzen kann, habe ich mich die komplette Geschichte über gefragt, worauf die Handlung wohl hinauslaufen wird, sodass ich immer wieder von unerwarteten Ereignissen und Wendungen überrascht wurde. Und so halten sich Dramatik und Spannung bis zum allerletzten Satz.

Da es sich um den Auftaktband einer neuen Reihe handelt, bleiben am Ende viele Fragen offen – ebenso wie das Schicksal aller noch lebenden Personen... Ich wünschte, ich könnte schon jetzt weiterlesen, dieses Buch hat mich einfach völlig in seinen Bann gezogen.

Fazit:
Wow! Ich habe zwar in letzter Zeit einige gute Bücher gelesen, aber dieses sticht doch heraus. Diese fremde, unglaublich komplexe Welt, die ungewöhnliche Gesellschaftsordnung, die ereignisreiche, abwechslungsreiche Handlung mit dem hohen Erzähltempo, die zwei sympathischen Protagonisten, die kaum miteinander agieren – und die ständige Ungewissheit, wohin mich das Buch überhaupt führen wird, haben Die Herrschaft der Masken zu einem unglaublich packenden Leseerlebnis gemacht.