Rezension

Das gute Potential wurde durch Nichtigkeiten verschenkt. Schade.

The Diviners - Aller Anfang ist böse - Libba Bray

The Diviners - Aller Anfang ist böse
von Libba Bray

Bewertet mit 2 Sternen

LESEEINDRUCK / ZUR GESCHICHTE

New York 1926 . Es ist das goldene Zeitalter. Der erste Weltkrieg ist vorbei, von dem zweiten ahnen die Menschen nichts und auch nichts vom großen Börsencrash. Alles funkelt und glitzert. Die Menschen nehmen ihr Leben nach dem Krieg wieder in die Hand. Genauso schillernd ist auch die Hauptcharaktere des Romans, Evie O’Neill.

Die ersten beiden Kapitel haben mich noch positiv gestimmt, denn diese waren recht verlockend. Der Leser ist zunächst auf einer Feier, bei der die Gäste mit einem “Ouijabretter” (auch Hexenbrett genannt) spielen. Dort spricht ein Geist zu ihnen, der sich als Naughty John entpuppt (und wenig später noch viel Schrecken im Buch verbreiten sollte).

Im zweiten Kapitel wurde der Handlungsort gewechselt – und daran sollte sich der Leser sofort gewöhnen, denn in dem Buch wird, vor allem zu Beginn, sehr gerne mal ohne Vorwarnung durch die Zeit und an andere Orte gesprungen.

Wir lernen nun Evie O’Neill kennen, die bei ihren Eltern in einem Kaff in Ohio lebt. Ihr großes Ziel ist es, aus ihrem Leben etwas besonderes zu machen. Durch einen Fauxpas auf einer Party, schicken sie ihre Eltern nach New York zu ihrem Onkel. Schnell wird ihr klar, dass dies die Chance ist, die ihr Leben verändern kann. Wer weiß, vielleicht wird sie ja ein Filmstar?

Das Mädchen ist verzogen, sagt zu keiner Party “nein” und lebt im Jetzt. Aber sie ist auch sehr gefühlvoll, was deutlich wird durch ihren Talisman, der sie an ihren, im Krieg gefallenen, Bruder James erinnert. Im ersten Teil des Romans erlebt man sie oft auch sehr egozentrisch und über-selbstbewusst. Das sie viel Mut hat, weil sie oft zu schnell handelt, wird einem auch sehr schnell klar. Vor einiger Zeit hat Evie auch festgestellt, dass sie eine besondere Gabe hat: sie kann Gegenständen die tiefsten Geheimnisse ihrer Besitzer entlocken, so, wie es auch Diviner können.

In New York angekommen, trifft sie auf Sam, der sie zugleich bestiehlt. Später laufen sich die beiden noch einmal über den Weg, denn offenbar will das Schicksal es so. Ihr Onkel Will betreibt ein Museum über Okkultismus. Zur Seite steht ihm dabei Jericho, dem heimlichen Schwarm von Evies bester Freundin Mabel. Puh, ganz schön viele Charakter auf einmal.

Die Beziehungsstränge sind am Anfang sehr verworren und verwirrend, teilweise, weil die Charaktere so schnell in kurzer Zeit auftauchen, dass man kaum Luft bekommt. Dazu kommt, dass man erst nicht das Gefühl hat, dass Evie die Hauptprotagonistin ist, denn kurz darauf stellt sich eine weitere Figur vor, Memphis. Seine (wichtige) Rolle in der Geschichte bleibt jedoch das ganze Buch über verborgen – ob sie am Ende ansatzweise aufgeklärt wird, muss jeder für sich herausfinden. Für mich hat sich seine Notwendigkeit noch nicht erschlossen.

Es wird in dem Buch also fleißig gesprungen – manchmal kapitelweise, manchmal innerhalb eines Kapitels mit Absatztrennern, manchmal jedoch einfach mitten im Absatz. Dies kann mitunter zu Verwirrungen führen und zur Beeinträchtigung des Lesevergnügens.

Doch dann passiert wenige hundert Seiten später etwas interessantes: der erste Mord! Und die Kettenreaktion, die diese Aktion auslöst, durchzieht sich durch den restlichen Roman und ist auch die Vorlage für die Folgebände. Auch, wenn die wirklich spannenden Sachen viel später geschehen.

MEIN FAZIT

Nach diesem Buch, was mein erstes Bray Buch war, will ich ehrlich gesagt, keine anderen Bücher von ihr lesen. Nicht wegen der Handlung, sondern weil mir ihr Schreibstil streckenweise überhaupt nicht gefallen hat. Während des Lesens herrschte eine absolute Unruhe, denn ständig wurde zwischen den Charakteren gesprungen – teilweise, wie bereits erwähnt, ohne Vorwarnung, mitten im Satz. Das macht das Lesen nun wirklich nicht einfacher.

Was mich auch extrem gestört hat, war, dass die Autorin sehr gerne ausschweifte. Es ist zwar nett, wenn man Situationen etwas detaillierter beschreibt, aber sie tat es leider zu oft, und für meinen Geschmack hat sie damit übertrieben. Dadurch wurde die Handlung langatmig und das Buch noch dicker, als es mit seinen 700 Seiten sowieso schon ist.

Dazu neigt Libba Bray offenbar auch dazu, unwichtige Handlungen einfließen zu lassen. Ob sie für einen der Folgebände eine Rolle spielen, weiß man am Ende des Buches auch nicht. Daher denkt man sich leider zu oft, dass es unwichtig ist und beginnt die Kapitel nur noch zu überfliegen, damit das Buch endlich mal voran kommt.

Und, weil so viele unwichtige Dinge zu passieren scheinen, verliert die Geschichte enorm an Tempo. Ich habe mich die ersten 400 Seiten wirklich durch das Buch gequält, und wäre es nicht für eine Leserunde gewesen, hätte ich es mit großer Sicherheit abgebrochen. Aber ich habe mich durch den Wälzer gekämpft. Gelohnt hat es sich nicht unbedingt. Der Showdown gegen Ende war wirklich gut, ja teilweise sogar etwas gruslig und das Beste an dem ganzen Buch. Doch die 550 Seiten davor und die knapp 30 Seiten danach waren einfach nur träge.

Interessanter hätte ich es auch gefunden, wenn die ganzen Kapitel, in denen die Morde der Personen beschrieben werden, für die Spannung einfach weggelassen worden wären. Es war nur semi-spannend und völlig unnötig für meinen Geschmack, weil man am Ende, unter anderem dank Evies Gabe, sowieso vieles “sehen” konnte. Ohne diese Informationen dieser Kapitel wäre eine wirkliche mystische Spannung entstanden, weil man sich gruselige Szenen vorstellt, z. B. wie es wohl zu dem Mord kam, was das Opfer gesehen haben mag etc. Durch die Vorgabe wurde einem diese Spannung allerdings genommen.

Durch das Weglassen so mancher Füll-Kapitel hätte man zudem das Buch sicherlich um die Hälfte kürzen können. Hut ab an der Stelle, an das Lektorat, die der Meinung waren, dass diese lange Geschichte Spannung, mit jeder noch so unwichtigen Seite, bedeuten sollte.

Dem Buch kann man allerdings etwas Gutes abgewinnen – wer hätte das jetzt noch gedacht? Denn das Setting mit New York im Jahr 1926 war wirklich sehr schön. Offenbar hat die Autorin auch gut recherchiert, zumindest kam alles sehr glaubwürdig rüber. Der Teil, der wirklich mystisch und okkult war, war wirklich spannend und interessant. Leider gab es davon viel zu wenig. Auch hat mit Evie als Charakter außerordentlich gut gefallen, obwohl sie eigentlich ein Antiheld ist, wenn man andere Jugendbuch-Hauptcharakter betrachtet. Und dennoch hat sie etwas charmantes an sich.

Aber das hat mich dazu angehalten zwischen zwei und drei Sternen zu entscheiden. Eigentlich wollte ich drei Sterne geben, aber beim Schreiben der Rezension, ist mir wieder aufgefallen, wie viele Kritikpunkte ich habe. Und allein die Tatsache, dass ich das Buch so schnell wie möglich “verschwinden” lassen will, spricht wohl Bände. Schade.

Ich denke, wer bereits andere Bücher von der Autorin kennt und mag, kann mit dem Buch eigentlich nicht viel falsch machen. Liebhaber von ausfallenden und teils langatmigen Handlungen, werden hier auch auf ein bisschen Vergnügen treffen, auch wenn es für mich schwer vorstellbar ist.

Mein Fazit ist: Sehr gutes Setting, semi-gute Handlung mit zu wenigen Highlights und ein schlechter, komatös-wirkender Schreibstil. Etwas kürzer, zügiger und schon wird alles viel spannender.

Danke für die Bereitstellung und die Lesrunde