Rezension

Spannender Auftakt mit kleinen Längen

The Diviners - Aller Anfang ist böse - Libba Bray

The Diviners - Aller Anfang ist böse
von Libba Bray

Bewertet mit 4 Sternen

"Idealismus ist doch nur eine Flucht vor der Realität.
Es gibt keine perfekte Gesellschaft."
S. 272

Zum Inhalt

Manhattan, 1926

Auf einer Party kommt etwas Langeweile auf und die Gastgeberin, die ihren 18. Geburtstag zu etwas besonderem machen will, erinnert sich an das Ouijabrett, das ihre Mutter von einem Antiquitätenhändler erstanden hat. Die Gäste sind schon etwas beschwipst und stürzen sich begeistert darauf, ohne die Sache wirklich ernst zu nehmen. Es scheint tatsächlich ein Geist zu antworten und er verspricht ihnen, sie das fürchten zu lehren. Alle glauben an einen Scherz und keiner von ihnen ahnt, welche dramatischen Folgen ihr

...

Evie O´Neill (17) hat eine besondere Gabe, durch das Berühren von Gegenständen kann sie die tiefsten Geheimnisse von Personen erfahren. Doch als sie auf einer Party den jungen Harold Brodie vor den Gästen bloßstellt, schießt sie über ihr Ziel hinaus. Um einer gesellschaftlichen Diffamierung zu entgehen, wird sie von ihren Eltern nach Manhattan geschickt, zu ihrem Onkel Will, der dort das Museum für Aberglauben und Okkultes leitet.
Ihre Eltern hätten Evie keinen größeren Gefallen tun können. Möchte sie sich doch endlich aus den konventionellen Ketten befreien, ihr Leben genießen und berühmt werden!

Dass ihr Onkel schon bald der Polizei bei einem mysteriösen Mordfall helfen soll, ist für Evie anfangs noch ein aufregender Spaß, bis ihr bewusst wird, welch grausame Bestie hinter dem Verbrechen steckt.

Meine Meinung

Das Cover von dem Buch hatte es mir sofort angetan. Ich lese ja sehr gerne historische Romane, allerdings eher aus dem Mittelalter und ich kann eigentlich mit dem frühen 20. Jhd nicht so viel anfangen. Der Klappentext und die ersten Rezensionen zu dem Buch konnten mich aber schnell überzeugen und ich wurde nicht enttäuscht!

Der Schreibstil hat mich sofort in die damalige Zeit versetzt. Die Autorin schafft es wunderbar, das New York der 30er Jahre aufleben zu lassen: mit ihren anschaulichen Beschreibungen der Stadt, der Dialoge und der vielen kleinen Details, die eindrucksvolle Bilder entstehen ließen. Da liest man von tanzenden Revuemädchen, dem Broadway, Charlie Chaplin Filmen, Debütantinnen, Flüsterkneipen und dem Ku Klux Klan - als würde man einen Schwarz-Weiß Streifen anschauen :)

Die Handlung wird aus den Perpektiven der Figuren beschrieben, die ganz schön zahlreich sind.

Evie ist natürlich die Hauptperson und genau so sieht sie sich selbst auch. Sie hasst die traditionellen Zwänge, die ihr als junge Frau in dieser Zeit auferlegt werden und liebt es, zu feiern, zu trinken und auf Partys im Mittelpunkt zu stehen. Man könnte sie auch selbstsüchtig nennen, denn ihr eigenes Vergnügen steht immer im Vordergrund und viele sehen in ihr eine Herausforderung; vielleicht ist sie das auch für sich selbst. Mut gehört auch zu ihren Eigenschaften, doch diese Unerschrockenheit gründet eher in ihrer Unbesonnenheit, nicht über etwaige Konsequenzen nachzudenken.
The Diviners sind Menschen mit besonderen Gaben, zu denen auch Evie zählt, aber sie hängt ihre Fähigkeit, in Gegenständen Dinge aus der Vergangenheit des Menschen zu lesen, nicht an die große Glocke. Allerdings kann sie sich bei übermäßigem Alkoholgenuss oft nicht zurückhalten und versucht damit die Aufmerksamkeit aller auf sich ziehen. Dass sie diese Gabe tatsächlich besitzt, glaubt ihr so recht keiner, bis auf ihre beste Freundin Mabel, die sie schon aus Kindertagen kennt.
Mabel ist die Tochter eines jüdischen Sozialisten und Dame guter Gesellschaft, die sich jedoch in eine Volksaufwieglerin verwandelt hat. Sie wohnt in Manhattan und so sehen sich die beiden Freundinnen nach Jahren der Brieffreundschaft endlich wieder. Mabel wirkt neben Evie ein bisschen wie eine graue Maus, aber Evie holt sie gerne aus ihrer tristen Welt, und möchte ihr auch helfen, ihrem Schwarm Jericho näher zu kommen.
Jericho arbeitet bei Evies kuriosem Onkel Will im "Gruselkabinett", dem Museum für Aberglauben und Okkultes. William Fitzgerald ist ein Sammler und geradezu vernarrt in mystische Rituale und Traditionen aus aller Welt. In seinem Museum findet man ein Sammelsurium an allem Unmöglichen und Unglaublichen und er wirkte für mich ein bisschen wie ein genialer, aber zerstreuter Professor. Auf jeden Fall liebenswert :)

Jericho ist eher zurückhaltend und vorsichtig, ein großer Kerl, der beschützend wirkt, aber etwas verbirgt. Aber es gibt auch noch den Straßendieb Sam Lloyd und den Geldeintreiber Memphis Campbell, die für Evie und die Ermittlungen noch eine große Rolle spielen werden und die Revuetänzerin Theta und ihren Freund Henry, die ein ganz besonderes Verhältnis zueinander haben.
Libba Bray hat all diesen Personen wie auch den Nebenfiguren genug Zeit gewidmet, um sie mir als Leser anschaulich nahe zu bringen. Sie alle sind sehr individuell und passen perfekt in den Schauplatz der Geschichte.

Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, inwieweit das Drumherum den historischen Tatsachen entspricht, aber es fühlt sich an, als hätte Libba Bray hier sehr gut recherchiert und ich habe die Handlung überzeugend miterleben können! Gegruselt hat es mich leider überhaupt nicht, obwohl ich mir das erhofft hatte. Es waren wirklich viele Personen und ich musste alles sehr genau lesen, um nicht den Faden zu verlieren.

Die Charaktere, denen man nach und nach näher kommt, haben mich sehr neugierig gemacht, denn so unterschiedlich sie auch sind, scheint sie doch etwas zu verbinden. Alles bleibt mysteriös und es dauert seine Zeit, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Allerdings hat es sich für mich grad in der ersten Hälfe doch etwas gezogen, weil die ganzen Beschreibungen der Personen und ihre Hintergründe recht viel "Platz" beansprucht haben. Die Zufälle häufen sich und man merkt, dass alles, was passiert nur ein Vorspiel war, ein Auftakt zu etwas größerem. Ab der Hälfte zieht dann das Tempo auch an und es gab einen spannenden Schluss, der mich sehr neugierig auf die Fortsetzung gemacht hat.

Fazit

Ich konnte durch die Beschreibungen und die Dialoge wunderbar in den Schauplatz New Yorks in den 30er Jahren eintauchen. Der mysteriöse Hintergrund war ungewöhnlich und hat seinen Reiz - obwohl es mir manchmal etwas zu zuviel an Andeutungen war, mit denen man hier noch nicht recht viel anfangen konnte, die aber eine Vorbereitung auf die Fortsetzung sind. Die Spannung hat ab der Hälfte konstant zugenommen und ich freu mich schon sehr darauf, wie es weitergehen wird!

© Aleshanee
Weltenwanderer

The Diviners

1. The Diviners – Aller Anfang ist böse
2. Lair of Dreams (engl. 14. April 2015)
3. ... ?