Rezension

Monumentaler und atmosphärischer Einblick in die Zwanziger Jahre

The Diviners - Aller Anfang ist böse - Libba Bray

The Diviners - Aller Anfang ist böse
von Libba Bray

Bewertet mit 4 Sternen

Sie sind die Diviners, ausgestattet mit einzigartigen übernatürlichen Kräften. Und sie sind Gegenstand einer gemeinsamen Prophezeiung.
Dennoch kämpft jeder für sich allein.

 

Eigentlich soll es für sie eine Bestrafung sein, doch Evie O'Neill empfindet es als Befreiung von dem langweiligen Vorstadtleben. Immerhin darf sie ihren Onkel in DER Metropole besuchen, die in ihren Augen eine der aufregendsten des Landes ist: New York. Bevor sie sich ganz den rauschenden Partys widmen kann, wird sie plötzlich in einen bizarren Todesfall verwickelt, der sie zugleich abstößt und fasziniert. Dank ihrer besonderen Gabe erfährt sie schnell mehr über Täter und Opfer. Allerdings traut sie sich nicht, dies preiszugeben, aus Angst, man würde ihr nicht glauben. Trotzdem ist sie begierig darauf ist, den Fall zu lösen.
Bis sie allmählich erkennt, mit was sie es wirklich zu tun bekommt. Denn der Mörder ist grausamer und gefährlicher, als sie es sich zuerst vorstellen kann.

 

 

Ich muss zugeben, dieses Buch wollte ich unbedingt lesen, seit ich es das erste Mal gesehen hatte. Es klang so vielversprechend, dass ich schon ganz gespannt auf den Inhalt war. Und zum großen Teil konnte es mich auch von sich überzeugen.
Die Figuren an sich waren bereits ein gewisses Highlight: Gerade die Tatsache, dass ich nicht alle von ihnen sympathisch fand oder es mochte, wie sie bestimmte Dinge handhabten, war für mich sehr spannend. Denn stimmig waren sie alle und machten die Geschichte erst lebendig und abwechslungsreich. Ob nun die lebensfrohe Evie mit dem großen Mundwerk und ihrem Leichtsinn, der undurchsichtige Sam, der gerne andere mit seinem Charme und seinen frechen Sprüchen blendet, um seine Verletzlichkeit zu verbergen oder Memphis, der vor allem seinen Bruder schützen und sich gleichzeitig aus seiner Armut befreien will, sie alle sind facettenreich gestaltet und gut durchdacht. Selbst die Nebencharaktere hatten alle ihre jeweils ganz eigene Persönlichkeit, die Libba Brays New York der wilden Zwanziger bereichern. Und gerade der Böse hatte etwas Hypnotisches an sich, gerade weil man viel und trotzdem nicht zuviel über seinen Hintergrund erfährt.

 

Der Schreibstil ist zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig. Oft lange, verschachtelte Sätze, ausführliche Umschreibungen für banale Umstände und Szenen, die die Handlung gar nicht weiterbringen, sondern eher ausbremsen, sind Dinge, die viele Leser wahrscheinlich unglaublich stören. Ich dagegen fand, es passte zur Atmosphäre. Eigentlich hatte ich es mir wesentlich schlimmer vorgestellt, doch die Längen hielten sich meiner Meinung nach in Grenzen. Man muss es allerdings mögen und sich darauf einlassen. Und dann wird man auch in die richtige Stimmung versetzt, erlebt die amerikanische Metropole und ihre Umgebung zu der Zeit hautnah und hat sie direkt vor Augen. Die düsteren Ereignisse erscheinen so noch gruseliger und mysteriöser und die Spannung erwischt einen schleichend und dann zum Ende mit voller Wucht.
Allerdings gibt es einen Punkt, über den ich nicht so glücklich war und das war der Showdown. Nachdem sich die Autorin soviel Zeit gelassen hat, um auf ihn hinzuarbeiten und die Diviners allmählich zusammenzubringen, war der eigentliche Kampf mit dem Bösen viel zu leicht und zu schnell vorbei. Außerdem verliefen scheinbar so wichtige Handlungsstränge im Sand, was mich noch mehr frustriert hat. Daran kann auch der interessante Ausblick am Schluss auf den zweiten Band nichts ändern.

 

Fazit

 

The Diviners: Aller Anfang ist böse ist ein gelungener Einstieg in Libba Brays Fantasyversion der Zwanziger Jahre in New York. Mit facetten- und abwechslungsreichen Charakteren, die die Geschichte bereichern, einem eigenwilligen Schreibstil, den man mögen muss und einer Geschichte, die erst langsam an Fahrt gewinnt und dennoch die passende Atmosphäre verströmt, konnte mich das Buch begeistert.
Das einzig Störende für mich waren der viel zu knappe und unaufregende Showdown und die losen Handlungsstränge, die komplett im Nichts verlaufen.
Wer ein Faible für die wilden Zwanziger hat und diese gern etwas übernatürlich erleben möchte, lebendige Figuren liebt, die nicht jedem sympathisch sein müssen und sich an ausufernden Formulierungen nicht stört, der sollte diesem Roman trotz seiner siebenhundert Seiten eine Chance geben.