Rezension

DIY für die Liebe

Love to share - Liebe ist die halbe Miete - Beth O'Leary

Love to share - Liebe ist die halbe Miete
von Beth O'Leary

Bewertet mit 3.5 Sternen

Angeregt durch die letzte Kinowerbung habe ich mir vor kurzem ein Buch von meinem Stapel ungelesener Bücher gegriffen und es in einem Rutsch durchgelesen. Es war „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer und hat mich nach wirklich unterhaltsamen knapp 200 Seiten dann ziemlich ernüchtert zurück gelassen. In die warmen positiven Farben des Buchcovers von „Love to Share“ habe ich nun meine ganze Hoffnung gesetzt, auf ein richtig schön romantisch-kitschiges Buch mit einem Happy End – sozusagen als Lesetherapie für mein aufgewühltes Herz. Das hätte auch schief gehen können, weil sich beide Bücher auf den ersten Blick in ihrer Grundstory ziemlich ähneln. In beiden Romanen lernen sich die Protagonisten nämlich zunächst gar nicht persönlich kennen, sondern schreiben sich nur. Bei Beth O'Leary wurde Tiffy gerade zum wiederholten Male von ihrem Freund Justin verlassen, diesmal spielt eine andere Frau eine Rolle und Tiffy muss unbedingt ganz schnell aus seiner Wohnung ausziehen. Das ist in London gar nicht so einfach, wenn man zwar in seinem Traumjob arbeitet, aber nicht gut genug bezahlt wird. Wohnungen in Tiffys Budget haben in der Regel viele schimmlige Haken und miefige Ecken. Als vorübergehende Zwischenlösung meldet sie sich auf die Wohnungsanzeige von Leon. Er arbeitet im Nachtdienst als Pfleger und braucht seine Wohnung eigentlich nur tagsüber von 9 bis 6 Uhr um zu schlafen. Das ist der Nachteil an der ganzen Sache – Tiffy müsste sich das Bett mit ihrem Mitbewohner teilen, wenn auch nie zur gleichen Zeit. Beide lassen sich darauf ein, ohne sich persönlich kennen zu lernen. Stattdessen hinterlassen sie sich täglich Post-it's mit Nachrichten füreinander.

Auf den ersten Seiten wirkt die Geschichte, die sich zwischen den beiden entwickeln könnte, ziemlich vorhersehbar. Doch ich bin überrascht von den inhaltlichen Wendungen, die die Autorin für mich bereit hält. Die Charaktere sind bei weitem nicht so einseitig und oberflächlich, wie ich dies voreingenommen vermutet habe. Leons kleiner Bruder sitzt unschuldig wegen eines Raubüberfalls im Gefängnis und Leon steckt sein ganzes Geld in den leider nutzlosen Anwalt, der als einziger den Fall übernehmen wollte. Tiffy stellt nach der räumlichen Trennung von Justin allmählich fest, dass mit ihrer Beziehung irgendetwas ganz und gar nicht gestimmt hat und muss sich mit Erinnerungen auseinandersetzen, die in den unpassendsten Momenten über sie hereinbrechen und die sie nur schwer einordnen kann. Zudem taucht Justin plötzlich wieder auf.

Mir gefällt der Kontrast zwischen dem leichten amüsanten, zuweilen ausschweifenden Erzählton in Tiffys Kapiteln und den nüchternen, sprachlich reduzierten Eindrücken aus Leons Sicht. Die beiden nähern sich natürlich an, alles andere hätte mich auch sehr enttäuscht. Doch mich beeindrucken die Tiefen, die Beth O'Leary zwischen den seichten Zeilen mühelos und ohne Stolperer in die Geschichte einfügt. Die ernsten Themen, die zum Leben der beiden Figuren gehören und denen sie sich stellen müssen, auch wenn sie es nicht wollen.

Im Großen und Ganzen ist der Roman neben oder gerade wegen seiner Tiefen auch ein wirklich sehr unterhaltsames Buch, dass mir beim Lesen ein breites Grinsen auf das Gesicht „zauberte“ und leichte Schmetterlingshopser in der Magengegend verursachte, weil ich so unbedingt auf ein Happy End zwischen Tiffy und Leon mitfieberte.