Rezension

Ein faules Ei im Nest

Der Ruf des Kuckucks
von Robert Galbraith

Bewertet mit 3 Sternen

Die Grundhandlung ist schnell erzählt. In einer eiskalten Winternacht stürzt das berühmte Model Lula Landry aus ihrem Luxusapartment zu Tode. Polizei und Presse ist sich schnell einig: Lula war zwar sehr schön, aber psychisch auch sehr labil - ergo Selbstmord, zumal das Haus, in dem sie lebte, einer Festung gleicht mit Wachdienst, Nummerncode, in einer Gegend gelegen, in der nur Leute der oberen 10.000 es sich leisten können zu wohnen. Nur einer will es nicht glauben: John Bristow, der Bruder des Models und so kommt er zu Cormoran Strike, dem Privatdetektiv, der nach anfänglichem Zögern die Ermittlungen aufnimmt. Nicht, weil er John glaubt, sondern weil er a) in unglaublich finanziellen Schwierigkeiten steckt und b) als Kind Charlie Bristow kannte, den Bruder Johns, der sein bester Freund war. Wie ein Terrier setzt er sich auf die Fährte des "Kuckucks" (Lula), vollzieht ihr Leben und ihre letzten Tage nach und kommt dabei einem Mörder nahe, der vor nichts zurückschreckt ...

Die positiven Sachen zuerst: Wie üblich erweist sich Ms Rowling als sehr genaue Beobachterin. Ob es die verschiedenen Sprechweisen oder Körperhaltungen oder das Benehmen der Leute aus Upper- und Workclass ist, sie gibt jedem sein eigenes Repertoire. Starrummel ist ihr sicherlich mittlerweile sehr vertraut und sie vermittelt davon ein Bild, das man sich sehr gut vorstellen kann. Sie führt Personen ein, die einem gut vor Augen stehen, wenn auch oft ziemlich klischeeschaft; andererseits sind sie sich dadurch gut zu merken.

Doch warum dann "nur" 3 Punkte? Nun, ihre große Stärke ist gleichzeitig ihre größte Schwäche. Ihre genauen Beobachtungen muss sie geradezu ausleben, zelebrieren, damit Seiten über Seiten füllen (schinden^^) und das nervt. Jedes Haus, das betreten wird, wird haarklein beschrieben, angefangen bei dem je nach Wohnlage Flur, der wie Marmor wirkt, und den mahagonifarbenem Geländer der Treppen bis zum dem Chlorgeruch des Pools. Jedes Kleid des Designers wurde bis zum Glasigwerden der eigenen Augen vorgeführt, jede Bewegung des Kaugummis, den die sozial benachteiligte Freundin des Models im Mund herumschob.

Ein weiteres Problem - welches mir bei Rowlingbüchern für Erwachsene auch schon bei "Ein plötzlicher Todesfall" unangenehm aufgefallen ist -, sind mangelnde Sympathieträger. Ja, Robin ist nett. Das war's dann auch schon. Cormoran ist nicht mein Freund geworden. Er wirkte auf mich wie (Achtung, Harry-Potter-Fans!) eine Mischung aus Hagrid und Mad Eye Moody und ich verstehe einfach nicht, wozu ein Mann, der finanziell so am Boden ist, eine Sekretärin braucht oder bezahlen muss. Mir ist von Anfang an nicht klargeworden, wieso er diese Beziehung zu der Zeitfirma hat. Ist das so ein englisches Ding?

Die Lösung des Falles brachte gleichzeitig einen netten Twist und ziemliche Unlogik, die ich hier leider nicht wiedergeben kann, weil ich damit zu sehr spoilere. Für mich bleibt im Endeffekt nur das Fazit, dass ich bei der Autorin lieber bei ihren Jugendbüchern bleibe, da sie tatsächlich die Magie besitzen, mich zu fesseln und mitzureißen.