Rezension

Schuster, bleib bitte NICHT bei deinen Leisten

Der Ruf des Kuckucks
von Robert Galbraith

Ja, ich bin eine Minderheit, die sich von dem Harry-Potter-Hype damals nicht anstecken ließ und mehr aus Neugierde, als aus Überzeugung den Krimi aus der Zauberfeder von J.K. Rowling entdecken wollte. Mein fester Vorsatz war „Der Ruf des Kuckucks“ nicht voreingenommen zu lesen, aber die Erfolgsautorin eher etwas strenger zu bewerten, als Debüt-Kollegen, weil der Wirbel um ihr „geheimes“ Synonym natürlich ein Magnet für die Käufer allerorts war und ein großer Name leicht über Unstimmigkeiten hinwegtrösten kann. Schon nach kurzer Zeit war ich trotzdem sehr positiv überrascht von Plot und Charakteren, sodass ich die Lektüre nicht bereut habe.

Cormoran Strike steht kurz vor dem Abgrund. Nach der Trennung von seiner langjährigen Freundin Charlotte muss er in seinem Büro auf einer Campingliege schlafen, was die unsagbaren Schmerzen in seinem Beinstumpf, eine Verletzung aus seinem Afghanistan-Einsatz, nur noch verstärkt. Zudem steht seine Detektiv-Kanzlei ebenfalls nah vor dem Ruin, als ihm von einer Zeitarbeitsfirma auch noch eine Sekretärin zu überhöhten Konditionen vermittelt wird. Robin offenbart aber schnell nützliches Geschick im Umgang mit Klienten, deren neuester Vertreter ein Anliegen von medialer Bedeutung hat. John Bristow war der Bruder von dem tragisch in den Tod gestürzten Model Lula Landry, welche während eines Depressionsschubes Selbstmord begangen haben soll – so der Polizeibericht. Strike soll dies widerlegen und würde dafür von dem emotionalen Bruder ein königliches Honorar kassieren.

Die größte Stärke bei dem Krimi waren die toll ausgearbeiteten Charaktere, wodurch selbst kleine Randfiguren so lebendig wie der gutmütige Bär Strike wurden, was vermutlich noch ein Relikt aus dem Fantasy-Genre darstellt, immerhin stehen die (magischen) Eigenschaften dort im Mittelpunkt. Auch die Handlung war sehr gut aufgebaut und obwohl wir eigentlich nur Zeuge von Verhören und Gesprächen wurden, war die Spannung dennoch greifbar, was mich im Mittelteil schon beinahe zu einer fünf Sterne Bewertung verleitet hätte. Selbst der Schreibstil verdient den Vermerk „besonders schön“, weil er bei mir ein Wohlfühl-Gefühl weckte, als ob ich mittlerweile schon das x-te Buch einer alten Freundin gelesen habe.

Am entscheidenden Punkt bricht das Konstrukt der perfekten Krimi-Autorin dann kläglich an der Spitze ab! Die Auflösung war für mein Empfinden viel zu konstruiert und trotz des Freifahrtscheins des Psychopathen als Mörder nicht glaubhaft. Dabei muss ich das unlogische Indiz der Wassertropfen anführen, die nur ein Superhirn aus dem Nichts deuten könnte und jeder Lektor wegen Effekthascherei besser gestrichen hätte. Ich habe zwar großes Vertrauen in Strikes Gespür und freue mich auf seinen nächsten Fall, aber Supermann, der 1 +1 zusammenzählt und nach kurzer Recherche im Internet des Rätsels Lösung hat, ist er nicht. Schade war auch, dass wir aus seinen Gedankengängen recht zeitlich ausgeschlossen wurden und im Dunkeln tappten, als er schon beinahe den Vierhaftungsauftrag erteilte.

Vier Sterne für eine Autorin, die den Sprung aus der Jugendliteratur ohne Zauberei in das nächste Level geschafft und mir wunderbar Raum für Spekulationen gegeben hat.

Kommentare

Lythanja kommentierte am 11. Januar 2014 um 23:13

Mit deiner Rezi hast du mir schon ein bisschen was verraten, ich habe es nämlich gerade auf meinem Nachttisch liegen und es wartet darauf gelesen zu werden. Ich bin gespannt wie es mir gefällt. "Ein plötzlicher Todesfall", ist bei mir damals jedenfalls sehr gut angekommen. Hast du das Buch von ihr schon gelesen? Das wird dir dann mit Sicherheit auch gefallen.