Rezension

Gutes Buch trotz einiger Schwächen...

Der Ruf des Kuckucks
von Robert Galbraith

Bewertet mit 4 Sternen

Ich danke dem blanvalet Verlag sowie http://good-books-never-end.blogspot.de/ für das Buch und diese Gastrezension hier auf meinem Blog!

In Joanne K. Rowlings aktuellstem Buch habe ich mich wieder einmal von ihrem wunderbaren, leichten, schnellen und detailreichen Schreibstil mitreißen lassen. Schon wie bei Harry Potter konnte ich das Buch sehr flüssig lesen und alle Beschreibungen der einzelnen Personen und der Orte waren detailreich, sodass man sich alles genau vorstellen konnte. Die Leser, die schon einmal in London waren, können sich die Orte natürlich noch besser vorstellen. Rowling hat somit an ihren alten Schreibstil angeknüpft und ihn an einen Krimi und an die erwachsene Leserschaft angepasst.
Vielleicht habe ich die Messlatte für Joanne K. Rowlings Krimi ein wenig zu hoch gelegt. Es ist sicherlich klar, dass meine Erwartungen, nachdem ich erfahren habe, dass dieses Buch von meiner Lieblings- und international wahrscheinlich besten Autorin geschrieben ist, ziemlich hoch waren. Das war ein ziemlicher Fehler, denn "Der Ruf des Kuckucks" konnte nicht mal annähernd (wie ich finde) an das hohe Level der Potter-Reihe anknüpfen. Natürlich war mir klar, dass man keine neue Welt erschaffen kann, wenn man in diesem Genre ein Buch schreibt, doch hätte ich wenigstens erwartet, eine spannende Ermittlungsjagd serviert zu kriegen. Stattdessen las ich mich durch etwa 600 Seiten, von denen nur die letzten 100 richtig aufwühlend waren und mich dazu gebracht haben, dranzubleiben und den Mörder endlich zu entpuppen. Zwischenfazit: Die 600 Seiten auf 400 zu kürzen wäre ausreichend und sinnvoller gewesen.
 
Was sich in den ersten 500 Seiten ewig lange hinzieht, wird auf den letzten 100 auf einmal zu einer rasenden Fahrt. Plötzlich überhäufen sich Ereignisse und Aussagen und es kommt rasend schnell Klarheit in die Sache, was sich dann auch unter der ziemlich unlogischen Auflösung bemerkbar macht. Cormoran Strike, der Privatdetektiv sammelt unzählige Aussagen - wahr oder falsch -, die der Leser niemals alle bis zum Schluss im Gedächtnis behalten kann. Am Ende bekommt man förmlich das Gefühl alles stürzt auf einen ein aber andererseits macht alles plötzlich einen Sinn. Trotzdem kommt mir die Auflösung des Falls etwas unrealistisch vor, weil der entscheidende Beweis, der Cormoran den Anstoß zur Lösung gibt, im Gegensatz zu den anderen Beweisen ziemlich einfach zu "finden" war. Allerdings muss ich die Autorin auch für den Aufbau eines sehr komplexen und gut durchdachten Falls loben, der vom Leser viel Konzentration fordert.
Die Charaktere haben mich ebenfalls ein wenig enttäuscht. Die meisten waren wieder einmal sehr klischeebehaftet. Zum Beispiel das tote Model Lula. Sie war jung, sexy, reich, drogenabhängig und von ihrer Berühmtheit, Öffentlichkeit und fehlenden Privatsphäre psychisch instabil. Guy Somé, der schwule Modedesigner und Evan Duffield, der süchtige Drogenjunkie, der sich doch irgendwie durchs Business schlägt, waren weitere Beispiele, denen man die Klischees sofort angesehen hat. Trotz dessen waren die Charaktere außerordentlich gut beschrieben und man hat einen guten Einblick in ihr Leben bekommen und wie es ist, als Prominenter in der Öffentlichkeit zu stehen.
Cormoran Strike, der Protagonist und Privatdetektiv war mir am symphatischsten von allen. Er war keiner von diesen gutaussehenden Typen, sondern "nur" ein geschundener, dickbäuchiger und origineller Ex-Soldat. Für ihn konnte ich recht schnell Symphatien entwickeln, weil er sich von nichts und niemanden unterkriegen lassen hat, denen Respekt gegenübergebracht hat, die ihn nicht so behandelt haben und sich nicht durch Lügner auf falsche Fährten locken lassen hat. Eine große Hilfe war ihm auch seine Aushilfsassistentin Robin, die sehr taktvoll und tolerant mit Strike umgegangen ist und ihn auch ein großes Stück in dem Fall vorangebracht hat. Zusammen waren sie - wie sagt man so schön - ein unschlagbares Team.
Rowling hat ebenfalls den verschiedenen Charakteren ganz nach ihrer Herkunft eine eigene Sprache gegeben. Während die Reichen aus der "Upper Class" eher förmlich und elegant gesprochen haben, hat die Autorin z.B. der Obdachlosen eine eigene, angepasste und umgangssprachliche Ausdrucksform gegeben. Somit konnte sich jeder Charakter individuell von den anderen abgrenzen.
 Fazit:
Trotz aller negativen Punkte habe ich mich mit Rowlings Roman wunderbar unterhalten gefühlt. Anfängliche Langeweile wurde durch den flüssigen Schreibstil teilweise erstickt. Wer Fan von Kriminalromanen ist, sollte sich das Buch auf jeden Fall zur Hand nehmen, denn es wird einem ein komplexer und gut ausgefeilter Fall vorgelegt, bei dem man teilweise auch manchmal mitraten darf. Dieser Roman ist zwar kein Geniestreich von Rowling, aber Fans sollten ihr auf jeden Fall mit diesem Titel auch eine Chance geben.
 
- Cover: 5/5
- Story: 3/5
- Schreibstil: 5/5
- Emotionen: 2/5
- Charaktere: 3/5
Gesamt: 4/5 Palmen