Rezension

Gute Ansätze, aber unzufrieden zurückgelassen.

Niemand liebt November - Antonia Michaelis

Niemand liebt November
von Antonia Michaelis

Äußeres Erscheinungsbild:
Die Cover der Michaelis Bücher sind immer wunderschön. Einfach und schlicht, aber unheimlich tiefgründig und lebendig. Der Kontrast zwischen dem Mädchen (November?) und den knallgelben Blättern und dem Zelt, ist enorm und drückt die gegensätzlichen Attribute des Herbstes aus. (Das Zelt ist mir erst nach dem Lesen aufgefallen, auch wenn es im Buch rot ist.)
Der Titel ist tragisch-romantisch schön.

Eigene Meinung:
Die Idee wirkte anfangs ein bisschen kryptisch, aber da ich von Antonias Michaelis Schreibstil seit "Dem Märchenerzähler" beigeistert bin und mir die folgenden Werke einfach nicht 100% zugesagt haben, habe ich dieses Mal aber doch die Chance ergriffen und mich herangetraut.
Die Idee ist recht simple: Jugendliche haut aus Kinderheim ab um endlich die Eltern zu finden und begibt sich auf eine gefährliche, mysteriöse "Reise".
Die Stimmung ist generell sehr gedrückt, auch wenn Frau Michaelis immer alles sehr märchenhaft darstellt.
Positiv anmerken möchte ich noch die Gedichte am Anfang eines jeden Kapitels, die einfach wunderschön sind und mein persönliches, kleines Highlight darstellen. Auch diese haben einen Zusammenhang zur Geschichte, der jedoch erst auf den letzten drei Seiten klar wird.

Leider empfand ich diesen Weg zu den Eltern teilweise als recht langwierig. Es passiert stellenweise nichts, die Geschichte stagniert und tritt auf der Stelle oder das Geschehene ist einfach austauschbar, unwichtig.
Bis zum Ende des Buches kam bei mir auch keinerlei Spannung auf und November verstrickt sich einfach in zu viele Geheimnisse, die mir zu konfus waren und auch erst zu spät gelöst worden sind. Den Großteil des Buches über war ich verwirrt, des es wurden einfach immer mehr Geheimnisse ohne dass ein Ende in Sicht kam.
Es gibt zwar einen roten Faden - die Suche - aber irgendwie ist alles darum so schleierhaft, dass ich mich einfach schwer getan habe richtig in die Geschichte einzutauchen.

Ich liebe den Schreibstil und auch hier war ich wieder sofort von diesem und den verwendeten Stilmitteln begeistert. Leider verstrickt sich Frau Michaelis regelmäßig in ebendiesem indem sie einfach zu tief geht. Aber ich weiß, dass es nicht an dem Schreiben von ihr lag, dass ich Probleme mit dem Buch hatte, sondern einfach mit dem Fortlauf der Geschichte und den Figuren.

Denn die Personen bleiben bis zum Ende hin mysteriös und rätselhaft. Das kenne ich zwar nicht anders aus dem Märchenerzähler, doch dort hat der Leser immerhin regelmäßig Knochen zugeworfen bekommen, die hier gänzlich fehlten. Ich konnte mich einfach nicht mit den Charakten anfreunden.
November ist ein äußter komplexer Charakter mit vielen Schichten und Facetten und interessant, doch das ändert leider nichts daran, dass mir ihre Entwicklung nicht gefallen hat. Ihre Männergeschichte waren einfach zu viel. Sie hat sich einfach selbst verloren und das nicht auf die glaubhafte Art und Weise. Sie hat nicht sonderlich reif und erwachsen gehandelt, was am Anfang noch anders war.
Katja war für mich nicht einmal im Laufe der Geschichte greifbar und richtig ans Herz gehend.
Jan blieb dauerhaft ein Rätsel, auch wenn ich am Ende verstanden habe wer er genau ist, so bleibt mir immer noch ein Rätsel und ich kapiere in Bezug auf ihn nicht wirklich was.
Auch der Briefeschreiber war für mich an den Haaren herbeigezogen und absolut unglaubwürdig.

Das Ende war, gelinde gesagt, enttäuschend und abstruß. Das war einfach gar nicht originell und nicht annähernd so magisch, schockend und tiefgreifend wie im Märchenerzähler.

Fazit:
Wenn man sich das jetzt so anschaut, dann scheinen 3 Herzen zu viel zu sein. Doch ich habe das Buch dennoch genossen und den Schreibstil sofort wieder in mein Herz gelassen. Vielleicht waren meine Erwartungen nach dem überragenden Märchenerzähler einfach zu hoch. Das Buch hat gute Ansätze, aber die Ausarbeitung, der Fortlauf der Geschichte und ganz besonder das Ende konnten mich nur unzufrieden zurücklassen, in dem Wissen, dass das die Autorin eigentlich besser kann.