Rezension

Die Geschichte von Kya, dem Marschmädchen

Der Gesang der Flusskrebse - Delia Owens

Der Gesang der Flusskrebse
von Delia Owens

Bewertet mit 5 Sternen

„Am Morgen des 30. Oktober 1969 lag die Leiche in dem Sumpf, der sie sich bald lautlos, gelassen einverleibt hätte. Für alle Zeiten verborgen…“

Kya ist gerade mal sechs Jahre alt, als das Leben unerbittlich zuschlägt. Die Tür knallt zu, Ma hat die Hütte verlassen. Und nicht nur die Hütte, sie hat Kya verlassen, schaut nicht mal zurück. Niemand sprach je darüber, Pa schon gar nicht. Auch er wird gehen, später erst, aber doch ist Kya dann alleine, ganz auf sich gestellt. Sie lebt in den Sümpfen North Carolinas, das Marschmädchen wird sie genannt. Im nahen Örtchen Barkely Cove wird sie gemieden, lediglich ein älteres Paar steht zu ihr, kauf ihr ihre selbst gesammelten Muscheln ab. So verdient sie ein wenig Geld. Sie lebt zurückgezogen und fühlt sich in den Sümpfen am wohlsten. Hier kennt sie jeden Halm, jeden Stein, jedes Tier.

„Der Gesang der Flusskrebse“ ist eine zu Herzen gehende, tieftraurige, aber wunderschöne Erzählung. Die Geschichte eines Mädchens, das schon in jungen Jahren zur Außenseiterin wurde. Von den Erwachsenen verlassen, muss sie selber ihren Weg finden. Und den findet sie in der Natur. In Tate hat sie einen Freund, auch er ist sehr naturverbunden und eines Tages geht auch er fort. Zwar verspricht er, wiederzukommen, aber es vergehen Jahre ohne ihn. Und dann kommt Chase, der ihr den sprichwörtlichen Himmel auf Erden verspricht…

Luise Helm hat mit ihrer warmen, ausdrucksstarken Stimme das Marschmädchen sehr lebendig werden lassen. Das Hörbuch hat seinen ganz besonderen Reiz, die Stimmungen, die Stille – all das habe ich direkt gespürt. Kyas Einsamkeit, die Melancholie, aber auch ihren Überlebenswillen.

Das sechsjährige Mädchen wird erwachsen, wird zur Frau. Die bildgewaltige Erzählung ist voller Kraft und Magie. Zauberhaft und ursprünglich mit einem sehr überraschenden Ende, das aber wiederum genau zu Kya passt.