Rezension

Faszinierend, betörend, ergreifend – ein Buch wie eine Welle, die dich mitnimmt…

Der Gesang der Flusskrebse - Delia Owens

Der Gesang der Flusskrebse
von Delia Owens

Bewertet mit 5 Sternen

Eigentlich wollte ich diese Rezension mit einem Zitat aus dem Buch beginnen. Aber es gibt so viele Stellen darin, die zitierwürdig sind, dass es fast ein Frevel wäre, eine herauszuheben. Statt dessen erst einmal ein klares Bekenntnis zu diesem Buch: es ist wunderschön, auf eine melancholische Art und Weise.

Es ist eins dieser Bücher, die sich festsaugen im Gehirn, die man gelesen hat und einfach nicht mehr loswird, deren Bilder einem immer wieder in den Sinn kommen und die man wohl immer im Herzen tragen wird. Dazu gehören bei mir zum Beispiel „Die Spuren meiner Mutter“ von Jodi Picoult oder „Zwei bemerkenswerte Frauen“ von Tracy Chevalier. Und nun auch dieses.

Anfangs war ich einfach nur fasziniert von der Figur Kya, von ihrer schweren Kindheit und wie sie diese meistert. Doch irgendwie wurde das Buch immer eindringlicher und Kya eine Figur, die auf ihre zarte und scheue Art absolut einnehmend war.

Das Kind, das von allen verlassen wurde – Mutter, Geschwister, später auch vom Vater und dem besten und einzigen Freund – dieses Kind übte auf mich eine ganz sonderbare Wirkung aus. Kya trotzt allen Schicksalsschlägen und obwohl sie sich innerlich von der Welt abkapselt, ist es ergreifend zu lesen, wie sie dennoch kämpft und dadurch immer wieder auf die Füße kommt. Die Lektüre war für mich nicht immer einfach, denn ich habe zum Teil auch Wesenszüge von mir in Kya entdeckt und ihr Leben in Einsamkeit hat mich tief betroffen gemacht.

Die Autorin hat in dieses betörende Portrait eines Menschen aber auch einen Kriminalfall eingewoben, der dem Buch Spannung und noch mehr Tiefe verleiht. Erst auf den letzten Seiten erfährt der Leser die Wahrheit über den Todesfall – und ist trotz der Schwere einer Schuld versöhnt mit den Begebenheiten. Das löst am Ende widersprüchliche Gefühle in einem aus (zumindest ging es mir so) und auch das ist wohl ein Grund, weshalb das Buch mir in Erinnerung bleiben wird.

Wenn ich künftig von den Marschlanden an der Ostküste der USA lese, werde ich wohl immer an das Marschmädchen Kya denken müssen und werde Bilder vor Augen haben, von einer grandiosen, weiten Natur, von Seevögeln, Muscheln, Gräsern – und einer hochgewachsenen, dünnen jungen Frau, die mit ihrem Boot langsam durch die Flussarme gleitet und in als Punkt am Horizont verschwindet… und ich werde kurz innehalten und irgendwie das Gefühl haben, gerade geerdet worden zu sein. Was kann ein Buch mehr erreichen als das?

Wohlverdiente 5 Sterne!