Rezension

Erweitert den Horizont

The Sun is also a Star. - Nicola Yoon

The Sun is also a Star.
von Nicola Yoon

Die Geschichte ist sowohl im Aufbau als auch inhaltlich etwas Besonderes.

 

Was ist an der Handlung so einzigartig?

Daniel und Natasha lernen sich kennen und lieben, und das an ein und demselben Tag. Bis auf den Epilog geht es 390 Seiten lang also um den einen Tag in New York. Man könnte meinen, irgendwann würden der Autorin die Ideen ausgehen oder es würde langweilig, langatmig und eintönig werden. Nein, die Geschichte ist von Anfang bis Ende interessant und spannend. Daniel mochte ich direkt. Er ist lustig und zudem bestens mit dem Begriff ‚Sarkasmus‘ vertraut. Er ist das komplette Gegenteil eines selbstbewussten, arroganten Typen, dem die Mädchen zu Füssen liegen. Das hat mir sehr gefallen. Er wirkt zeitweise regelrecht verletzlich, was bei männlichen Hauptcharakteren (in den Büchern, die ich lese) eher selten vorkommt. Mit Natasha kam ich nicht ganz so gut klar. Sie wirkt zunächst recht kühl, rational und realistisch (angesichts dessen, was ihr bevorsteht vielleicht nicht überraschend). Es scheint so, als habe die Autorin es darauf angelegt, der weiblichen Hauptfigur Attribute anzuschreiben, die allgemein eher als typisch männlich gelten und dem männlichen Part dafür weibliche Eigenschaften zu geben.

Ich habe schon viele Bücher gelesen, die in New York spielen. Leider haben es nur die allerwenigsten geschafft, mich wirklich von dieser besonderen Atmosphäre, die der Stadt nachgesagt wird, zu überzeugen. Dieses Buch hat sie, diese Stimmung. Man ist mittendrin, auf ganz normalen Straßen, der U-Bahn, irgendeinem Anwaltsbüro, einem Museum, in dem Laden von Daniels Eltern, in einer Karaoke Bar, usw. Alles keine weltbewegenden Dinge und doch wirkt es recht authentisch. Es klingt alltäglich und nicht überzogen. Auch wurde weitestgehend auf viele Klischees verzichtet, wie den Times Square, Hot Dog Verkäufer, den Spruch „die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten“,…

Ganz besonders hat mir gefallen, dass es um eine Liebesgeschichte zwischen einem Afro-Amerikanischen Mädchen und einem Amerikanisch-Koreanischen Jungen geht. Beide haben Schwierigkeiten mit ihrer doppelten Identität klar zukommen. Sie fühlen sich amerikanisch, doch beide Elternpaare hängen sehr an den Traditionen und Gebräuchen oder einfach nur an der Sprache des anderen Landes. Ich finde diese innere Zerrissenheit beider Charaktere sehr gelungen. Daniel scheint mit dem ganzen besser fertig zu werden als Natasha, das meiste nimmt er mit Humor. Diese ausgewählten Perspektiven finde ich jedenfalls großartig. Man hatte bei der Lektüre des Buches einfach das Gefühl den Horizont zu erweitern.

Für alle, die auch ein Zitatebuch haben: Aus diesem Buch könnt ihr euch ganz viele schöne Sätze rausschreiben, manches ist einfach lustig und manches einfach sehr wahr <3

 

Warum ist der Aufbau gelungen?

Die Anordnung der verschiedenen Kapitel ist meiner Meinung nach sehr originell. Nicht nur wird der Tag abwechselnd aus Natashas und Daniels Sicht geschildert, auch sind immer wieder kleine ‚Unterkapitel‘ in die Geschichte eingeflochten, die ein Wort genauer erklären oder etwas deutlicher machen. So heißt ein Abschnitt zum Beispiel „Multiversum“, in dem die Theorie genauer erläutert wird. Warum? Weil Natasha von dieser Theorie des Multiversums begeistert ist. Meiner Meinung nach ist es ein kluger Schachzug von Nicola Yoon, diese speziellen Begriffe nicht in den Kapiteln selbst zu erklären (zum Beispiel sie in die Dialoge einzubetten) sondern ihnen eigene Seiten zur Verfügung zu stellen. Als Leser hat man wirklich das Gefühl nicht nur eine schöne Geschichte zu lesen sondern nebenbei auch noch was zu lernen. Alles ist sehr leicht erklärt, sodass es wirklich jeder versteht. Man liest diese Unterkapitel genauso gerne wie die Kapitel rund um Natashas und Daniels Liebesgeschichte.

Trotzdem sind es am Ende doch nur 4 Sterne geworden. Zum einen hat mich das Ende nicht komplett überzeugt, da es für mich etwas zu gewollt daherkam. Zum anderen hat die Geschichte im letzten Viertel etwas an Schwung verloren. Nichtsdestotrotz ein ganz besonderes Buch, das man sich unbedingt zu Gemüte führen sollte!