Rezension

453 Seiten langatmige Einleitung

Cassia & Ky 01. Die Auswahl
von Ally Condie

Klappentext:
Stell dir vor, du lebst in einer Welt, die ein absolut sicheres Leben garantiert. Doch dafür musst du dich den Gesetzen des Systems beugen: den Menschen lieben, der für dich ausgewählt wird. Was würdest du tun? Für die wahre Liebe dein Leben riskieren?

Einordnung:
- Die Auswahl (Teil 1)
- Die Flucht (Teil 2)
- Die Ankunft (Teil 3)

Rezension:
Dass es sich bei diesem Buch um eine Dystopie handelt, verrät bereits der Klappentext. Das Gesellschaftssystem, das sich die Autorin ausgedacht hat, ist allerdings ziemlich extrem. Es handelt sich um eine Gesellschaft mit vollständiger Kontrolle. Es beginnt mit der Kleidung und individuell nach dem Kalorienbedarf zusammen gestellten Mahlzeiten und setzt sich fort über die Zuweisung der geeigneten Arbeitsstelle, die Einschränkung des kulturellen Inputs und der Paarung mit dem optimal passenden Menschen bis hin zum kontrollierten Tod am 80. Geburtstag. Es ist faszinierend, dass es trotzdem eine ganze Menge Menschen gibt, die absolut glücklich sind.

Die Protagonistin und Ich-Erzählerin der Geschichte ist Cassia. Leider ist sie einer der plattesten Charaktere und wird oftmals nur oberflächlich beschrieben. Ihre Gefühle spielen während der Handlung dafür, dass sie eine Ich-Erzählerin ist, viel zu selten eine Rolle. Gleiches gilt für ihre Gedanken, die sich zudem meist auch noch im Kreis drehen, sodass ich mich nicht in sie hineinversetzen konnte. Vermutlich liegt das auch mit daran, dass Cassia extrem passiv ist und nur selten selbst etwas tut. Die meiste Zeit geschehen Dinge um sie herum, die sie wahrnimmt und die eine Auswirkung auf sie und ihr Leben haben.
Nichtsdestotrotz gibt es auch wirklich gute Charaktere, wie Cassias Vater, der für die Menschen, die er liebt, die Gesetze auch mal übertritt. Und wie Cassias Mutter, die sich penibel an die Gesetze hält, aber die Verstöße der Menschen, die sie liebt, mit einem Lächeln toleriert. Cassias Beobachtungen werden so ausführlich beschrieben, dass ich manchmal das Gefühl hatte, mich besser in ihre Eltern hineinversetzen zu können als in die Protagonistin.

Ein weiterer Kritikpunkt ist in meinen Augen, dass in dem Buch fast nichts passiert. Zu Beginn werden langsam die Gesellschaft und die wichtigen Charaktere eingeführt, aber die Geschichte nimmt danach einfach keine Fahrt auf. Das ändert sich nicht einmal, als gegen Ende nur noch von einer Szene zur nächsten gesprungen wird. Auch wenn es sich hierbei um den Auftakt einer Trilogie handelt, dann sind 453 Seiten Einleitung doch recht langweilig und vor allem langatmig.
Das ist vor allem unverständlich, weil es sehr viel Konfliktpotenzial gibt. Immer wieder werden Andeutungen gemacht, dass beispielsweise das System nicht so gut funktioniert wie es sollte, und dass es Menschen gibt, die sich Gedanken um den Widerstand machen. Es ist von schweren Auseinandersetzungen an den Grenzen die Rede. Doch all diese Punkt, die für Spannung sorgen könnten, werden nur in einem Satz angerissen und nicht näher erläutert. Es gibt also sehr viel Material für die Fortsetzungen, aber es hätte dem Buch nicht geschadet, wenn zumindest ein bisschen davon auch hier schon verwendet worden wäre.

Fazit:
Die Welt in der Geschichte ist ein extremes Beispiel für vollständige Kontrolle. Doch trotz der offensichtlichen Unterdrückung der Bevölkerung legt die Autorin Wert darauf, darzustellen, dass es trotz allem Menschen gibt, die auch rundum glücklich sind mit ihrem Leben. Sie hat liebenswerte Charaktere erschaffen, auch wenn gerade die Protagonistin relativ platt beschrieben wird. Leider ist die Geschichte sehr langatmig, weil es immer nur kurze Andeutungen zu möglichen Handlungssträngen gibt, diese aber nie ausgeführt werden. Das gesamte Buch macht den Eindruck einer sehr ausführlichen Einleitung. Daher bekommt „Die Auswahl“ nur drei Schreibfedern von mir.