Rezension

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Ein Roman, der an ein Lied erinnert

Als wir Vögel waren -

Als wir Vögel waren
von Ayanna Lloyd Banwo

In Ayanna Lloyd Banwos Roman geht es um eine Frau, die aufs Engste mit dem Tod verbunden ist. Es geht um einen Mann, der mit dem Tod nichts zu tun hat, ihn regelrecht fürchtet, und der eine Arbeit als Totengräber anfängt. Es geht um Fidelis, dem größten Friedhof in der karibischen Stadt Port Angeles. Und obwohl der Tod im Roman allgegenwärtig ist, geht es doch die meiste Zeit um das Leben.

Yejides und Darwins Leben könnten nicht unterschiedlicher sein: Sie wächst, fast behütet, umgeben von Menschen, die ihr eine Familie geben, allerdings mit einer wenig liebevollen Mutter, in einem Haus auf, das bis unters Dach vollgestopft ist mit Traditionen, die das Leben der Menschen dort, und insbesondere das von Yejide, bestimmen. Dort herrscht gelebte Vergangenheit, denn der Tod ist allgegenwärtig und die Toten wichtiger Bestandteil von Yejides Vergangenheit sowie Zukunft.
Darwin hingegen hat (fast) nur seine liebevolle Mutter. Als Rastafari werden sie von Mitschülern, Nachbarn und eigentlich jedem in ihrer Umgebung gemieden. Als Teil seiner Religion meidet Darwin wiederum den Tod. Doch weil Jobs rar in seiner Heimat sind, und auch, weil ihm bewusst ist, dass er, um erwachsen zu werden, sein Leben zurücklassen – seine Mutter und seinen Glauben – und seine Vergangenheit suchen muss, geht er nach Port Angeles, um auf Fidelis als Totengräber zu arbeiten. 
Es ist der Tod, der das Schicksal dieser beiden unterschiedlichen Menschen und Leben zusammenbringt und miteinander verbindet und der auch dafür sorgt, dass es für beide voreinander kein entkommen, sondern nur eine gemeinsame Richtung gibt. Und die ist überraschend lebendig, dem Leben zugewandt.

Der Roman beginnt langsam, fast schon schleppend. Beinahe glaubt man, die brütende Sonne und den feuchten Dschungel zu spüren. Die Handlung nimmt sich Zeit, die beiden Romanfiguren vorzustellen. Erzählt wird dabei mit vielen Leerstellen, aber in einer Eindringlichkeit, die in mir lange nachhallt, auf eine Menge Gefühle triff und sie weckt, ohne, dass man sie so richtig benennen könnte. Sodass ich in dem einen Augenblick glaube, eine Vorstellung von Yejide und Darwin zu bekommen, die mir im nächsten aber schon wieder entgleitet.
Die Sprache hat hingegen nichts Schleppendes. Sie ist im Gegenteil bunt, lebendig, irgendwie poetisch, man möchte fast sagen: melodisch. Vor allem durch sie schafft es die Autorin, tiefe Gefühle zu beschreiben, Spannung zu erzeugen und einen Romanplot zu erzählen, der einen gefesselt hält, obwohl erst im zweiten Teil des letzten Drittels tatsächlich erst richtig was passiert. 

"Als wir Vögel waren" ist kein Roman, den man mal eben kurz zwischendurch liest. Er geht im ersten Moment kurzweilig, flüchtig an, arbeitet aber noch lange in einem nach. Deshalb 5 von 5 Sterne.

Ich für meinen Teil freue mich auf den nächsten Roman!