Rezension

Was genau war der große Fehler?

Der große Fehler -

Der große Fehler
von Jonathan Lee

Bewertet mit 4 Sternen

In Jonathan Lees Roman “Der große Fehler“ geht es um einen fast vergessenen großen Amerikaner. Andrew Haswell Green kam 1820 als 7. von 11 Kindern einer armen Farmerfamilie zur Welt. Am 13. November 1903 wurde er vor seinem Haus in der Park Avenue von dem Farbigen Cornelius Williams erschossen. Lees Roman enthält zwei Erzählstränge. Einmal zeichnet er Greens Lebensweg, zum anderen die Ermittlungen von Inspector McClusky nach, der lange im Dunkeln tappt, obwohl es Zeugen der Tat gibt. Was war das Motiv für den Mord? Ein politisches oder privates oder ein bloßer Zufall aufgrund einer Verwechslung?
Lee erzählt sehr detailliert die Lebensgeschichte eines Mannes aus einfachen Verhältnissen, der mit 15 eine Lehre in einer Firma in New York beginnt, dort unter erbärmlichen Umständen in einem schrankartigen Verschlag mit Ratten und Wanzen lebt und für einen Hungerlohn arbeitet und schließlich mit Hilfe seines Freundes Samuel Tilden, einem Anwalt und späteren Präsidentschaftskandidaten, ebenfalls Anwalt wird. Green erreicht gegen erhebliche Widerstände den Zusammenschluss von fünf Bezirken zu Greater New York, erschafft den Central Park und andere Parks, gründet mehrere Museen und die erste öffentliche Bibliothek und ist am Bau mehrerer Brücken beteiligt. Der Leser erfährt auch einiges über sein Privatleben. In wenigen Schlüsselszenen wird seine nie ausgelebte Homosexualität angedeutet. Auch Samuel Tilden, die Liebe seines Lebens, musste seine sexuelle Orientierung verbergen. In der diskreten Darstellung dieses Aspekts ist der Autor der Zeit der Handlung verpflichtet.
Der gut recherchierte historische Roman mit Krimielementen liest sich nicht schlecht, erfordert aber Ausdauer und Geduld. Die Fragen des Lesers nach dem mysteriösen Fehler und der Bedeutung des Elefanten auf dem Cover werden beantwortet. Man lernt ein anderes als das übliche New York kennen. Mich hat die sorgfältige Charakterisierung des Protagonisten beeindruckt. Sein Ziel war es, den öffentlichen Raum zu verändern, auch ärmeren Mitbürgern den Zugang zu den Parks zu ermöglichen, Brücken und Verbindungen in jeder Bedeutung des Wortes zu schaffen. Er war kein Egomane wie so viele der Mächtigen unserer Zeit. Mir gefällt der Roman, die sprachliche Qualität der Übersetzung allerdings weniger. Dafür enthält der Text bedauerlicherweise zu viele Fehler aller Art und absolut unübliche Formulierungen.