Rezension

Wenn gute Absichten in die Katastrophe führen

Die spürst du nicht -

Die spürst du nicht
von Daniel Glattauer

Zwei erfolgreiche österreichische Paare verbringen eine Woche Luxusurlaub in einer Villa in der Toskana. Elisa und Oskar Strobl- Marinek mit den Töchtern Lotte und Sophie Luise und Melanie und Engelbert Binder mit Sohn Benjamin. Die 14jährige Sophie Luise hat ihren Wunsch durchgesetzt, ihre neueste Schulfreundin Aayana mit in den Urlaub zu nehmen. Aayana stammt aus Somalia, ist schüchtern, zurückhaltend und spricht kaum Deutsch.

Der neue Roman von Daniel Glattauer beginnt in ironischem, überzeichnetem Tonfall. Es herrscht Urlaubsstimmung, der erste Abend beginnt mit viel Small Talk bei gutem Essen und viel Wein. Die Binders finden das Engagement für Aayana ganz großartig und „man spürt sie ja auch kaum“.
Doch dann passiert das Unglück, der Urlaub wird abgebrochen.

Hier ändert sich der Erzählstil, auch wenn die Charaktere immer noch etwas überzeichnet und gelegentlich auch klischeehaft dargestellt werden. Mittels Auszügen aus Pressemitteilungen und Kommentaren in Sozialen Medien wird die Geschichte vorangetrieben. In deren Mittelpunkt steht Elisa Strobl-Marinek, die als erfolgreiche Grünen-Politikerin die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht. Hinter den Kulissen beginnt die Fassade allerdings zu bröckeln. Unterschiedliche Interessen und Werte treffen aufeinander: Statuserhalt, Sorge um das eigene Ansehen, Moral und Gewissen. Die Risse in den Partner- und Freundschaften sind nicht mehr zu übersehen. Während die Erwachsenen mit sich selbst beschäftigt sind, gerät Sophie Luise aus deren Blickwinkel.

Im Hintergrund bleibt lange Zeit die Geschichte von Aayana und ihrer Familie. Erst gegen Ende erhält die Familie die Möglichkeit, von sich zu erzählen. Dieser Teil ist sicher der am schwersten zu ertragende.

Mir hat „Die spürst du nicht“ gut gefallen, auch wenn ich einiges zu konstruiert und überzeichnet fand. Die eingesetzten Stilmittel haben sehr zur Auflockerung des eigentlich ernsten und tragischen Themas beigetragen. Leicht lesbar gilt daher für dieses Buch im doppelten Sinne.
Trotz der Kritikpunkte ein lesenswerter und zu empfehlender Roman!