Rezension

Ein messerscharfes Portrait unserer aktuellen (Meinungs-) Kultur

Die spürst du nicht -

Die spürst du nicht
von Daniel Glattauer

Bewertet mit 4 Sternen

Daniel Glattauer ist wieder da. War er je wirklich weg? Vermutlich nicht, aber die Zeiten zwischen seinen Büchern sind, egal wie lang sie ausfallen, zu lang. „Die spürst du nicht“ ist also definitiv nichts, was auf die Zeit zwischen den literarischen Erzeugnissen Glattauers zutrifft.

Worauf es zutrifft: Menschen, die inmitten einer Gesellschaft – unserer Gesellschaft leben und trotzdem unsichtbar sind. Weil sie es sein wollen, weil unsere Gesellschaft es so will, weil sie es sein müssen.

„Die spürst du nicht“ erzählt eine dieser Geschichten. Die Geschichte eines jungen Mädchens, das seiner Heimat entrissen wurde, um sich in einer völlig fremden österreichischen Welt zu arrangieren. Und durch einen Unfall in der Obhut einer angesehenen österreichischen Familie ums Leben kommt.

Das Buch ist ein Kommentar auf Internet-Kommentare (und, typisch Glattauer, wahnsinnig dialog-authentisch), ein Spiegel unserer Gesellschaft und der Medienlandschaft und ein gut gemeinter Hinterntritt an all jene, die wegschauen, einfach, weil es einfacher und bequemer ist. Und jene, die sich ein Urteil bilden, weil das sehr viel leichter ist, als sich mit Fakten und anderen Perspektiven auseinanderzusetzen.

Leichtigkeit, Wortgefechte und die alles bereichernde Prise Humor wird man auch hier finden, allerdings nicht so einnehmend, wie in anderen Werken des Autors. Der Tod des Mädchen verändert das Leben der Figuren schlagartig und die beobachtenden Menschen haben alle eine Meinung, die anhand von Internetkommentaren widergegeben werden. Jeder nutzt seine Strategien, um das Geschehene zu verarbeiten oder zu verdrängen; wie auch immer ausgeartete Flucht, das unbedingte Verlangen nach irgendeiner Art von Gerechtigkeit und Wiedergutmachung, Ignoranz, Beschönigung, Trauer, Wut, Depression.

Glattauer schreibt wieder zwar kurzweilig und sehr (!) unterhaltsam, aber inhaltsschwer. Er würzt das Geschriebene mit Humor, ohne es darin einzubetten und zeichnet ein messerscharfes Portrait unserer modernen Gesellschaft und (Internet-) Kultur. Mit sehr viel Spannung und Freude habe ich auch sein aktuelles Werk genossen und bin gespannt auf alles, was da noch kommen mag!