Rezension

Spannend, intelligent, aufrüttelnd

Die spürst du nicht -

Die spürst du nicht
von Daniel Glattauer

Bewertet mit 5 Sternen

Am Anfang des Romans wähnte ich mich in einer Gesellschaftssatire über zwei wohlsituierte Familien aus Wien, die in der Toskana gemeinsam Urlaub machen. Ich amüsierte mich über die herrlich pointierten Dialoge, die die markanten Figuren bestens charakterisieren. Doch dann geschieht ein Unglück, das die Geschichte in eine völlig andere Richtung lenkt als erwartet.

Neben der Haupthandlung rund um die Folgen des Unglücks geht es um Ehekonflikte, Erziehungsfragen und Teenagersorgen, um Vorurteile, Egoismus und moralisches Handeln. Anhand von eingestreuten Pressemeldungen und Postings in Internetforen führt uns der Autor mit viel Ironie und Sprachwitz vor Augen, wie eine Tragödie medial ausgeschlachtet und im Netz breitgetreten wird – noch dazu wenn eine Politikerin im Spiel ist – und jeder meint, seinen Senf dazugeben zu müssen.

Ich finde es großartig, wie er das Sittenbild einer privilegierten Gesellschaft mit einem tragischen Flüchtlingsschicksal verknüpft hat. Die einen kämpfen um die Rettung ihres Rufs und ihrer Karriere, die anderen ums nackte Überleben. Auf mich trifft der Romantitel nicht zu, denn die Geschichte ging mir unter die Haut!