Rezension

Holmes und Anna - ein unkonventionellen Team das begeistert

Teufelsgrinsen - Annelie Wendeberg

Teufelsgrinsen
von Annelie Wendeberg

Bewertet mit 5 Sternen

London, Ende des 19. Jahrhunderts, schmutzig und voller Slums. Seuchen haben in dieser Umgebung leichtes Spiel. Hier lebt und arbeitet der deutsche Arzt Dr. Anton (Anna) Kronberg, Englands führender Bakteriologe. Sein großes Geheimnis, er ist eine Frau, die sich tagsüber als Mann verkleidet, um ihrem Beruf nachgehen zu können. Frauen ist es zu dieser Zeit nicht gestattet zu studieren, geschweige denn zu praktizieren. Am Fundort eines unbekannten Choleraopfers lernt sie Sherlock Holmes kennen, der ihre Maskerade sehr schnell durchschaut. Aber Holmes erkennt auch ihren messerscharfen Verstand und so tut sich ein ungleiches Paar zusammen um diesen rätselhaften Fall zu lösen, für den sich die Londoner Polizei so gar nicht interessiert.

Ein spannender Plot, der den Leser in eine längst vergangene Zeit entführt. Eine Zeit, in der Frauen keine Rolle spielen durften und die Medizin noch in den Kinderschuhen steckte. Es gelingt Annelie Wendeberg die bedrückende Atmosphäre in den Armenvierteln des historischen Londons zu vermitteln und die menschenverachtende Arroganz der Upperclass bloßzustellen.

Wirklich gut gelungen sind die beiden Protagonisten. Zwei Menschen, denen das Leben schwere Wunden geschlagen hat, ohne sie zu zerbrechen. Wie die beiden gesellschaftlichen Außenseiter sich einander annähern, sich gegenseitig ausloten um sich schließlich schätzen zu lernen, das ist interessant und wirklich unterhaltsam. Spritzige Wortduelle wechseln sich mit emotionalen Momenten. Holmes hat endlich eine Partnerin gefunden, die ihm intellektuell das Wasser reichen kann.

Annelie Wendeberg hat es mit Teufelsgrinsen geschafft, der arg strapazierten Figur des Sherlock Holmes neue Facetten abzugewinnen. Außerdem hat sie mit Anna Kronberg eine sympathische Figur eingeführt. Scharfsinnig und taff, zugleich emphatisch und verletzlich. Echte Frauenpower.

Gleichzeitig gibt die Geschichte einen Einblick in die Entwicklung der Medizingeschichte. Auf diesem Gebiet kennt sich die Autorin bestens aus, denn sie ist Umweltmikrobiologin. Erstaunlich, dass ihr trotzdem ein so unterhaltsames Buch gelungen ist. Einziges Manko, es ist mit gerade mal 230 Seiten ein wenig zu kurz geraten. Ansonsten gibt es an diesem Debüt nichts zu meckern. Ich freue mich schon auf den zweiten Fall dieses unkonventionellen Teams.