Rezension

Viktorianischer Krimi voller Spannung und Unterhaltungswert

Teufelsgrinsen - Annelie Wendeberg

Teufelsgrinsen
von Annelie Wendeberg

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Im Alter von siebenundzwanzig Jahren wurde ich Zeugin eines abscheulichen Verbrechens. Niemand wagte, es der Öffentlichkeit preiszugeben. Niemals wurden die Einzelheiten festgehalten – weder von der Polizei noch von Journalisten oder Historikern. Stattdessen versuchte man, die Sache so schnell wie möglich zu vergessen.“

"Ich war Bakteriologe und Epidemiologe, der Beste, den man in England finden konnte. ... Bei sämtlichen Choleratoten oder anderen Opfern angriffslustiger Keime in und um London wurde ich hinzugebeten.

Diese Fälle traten mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf, und somit hatte ich häufiger das Vergnügen, mit Kriminalinspektoren der Metropolitan Police zusammenzuarbeiten. Es war ein gut gemischter Haufen Männer, deren geistige Schärfe zwischen der eines Buttermessers und der einer überreifen Pflaume variierte."

London, 1889. Anna führt ein Doppelleben. Nur abends und nachts ist sie eine Frau, ist sie Anna. An jedem Morgen jedoch wird aus Anna Anton… In einer Zeit, in der es Frauen untersagt ist, Medizin zu studieren und Ärztin zu werden, hat sie sich als Mann verkleidet und genau das getan. Dabei ist sie ausgesprochen erfolgreich – schon seit Jahren praktiziert sie als angesehener Mediziner unter dem Namen Dr. Anton Kronberg und wird auch von Scotland Yard regelmäßig zu Todesfällen hinzugezogen. In der ganzen Zeit ist keinem der Polizisten aufgefallen, dass sie in Wahrheit eine Frau ist. Eine Tatsache, die sie einerseits freut, sie aber andererseits zu der oben aufgeführten Erkenntnis über die männlichen Inspektoren gebracht hat. Eines Tages jedoch trifft sie bei einem Einsatz auf jemanden, der ihre Maskerade durchschaut…

„ „Dr. Kronberg, das hier ist Mr. Sherlock Holmes“, fuhr der Inspektor fort, als ob ich wissen müsste, wer Sherlock Holmes sei.“

Gemeinsam machen sie sich an die Aufklärung eines Todesfalls, noch nicht ahnend, welche Ausmaße er annehmen wird, welches ungeheure Verbrechen tatsächlich dahintersteckt…

Ein tolles Buch! Der Fall, den die beiden lösen müssen, wird überaus spannend. Gebannt habe ich verfolgt, wie die Dimension des Verbrechens immer größer wurde. Die beiden Protagonisten gehen große Risiken ein, es wird richtig gefährlich für die beiden. Dabei liefern sie sich herrliche Wortgefechte, versuchen sich ständig gegenseitig zu übertrumpfen, was ihre Analysefähigkeiten angeht. Sie arbeiten zusammen, aber immer auch ein wenig gegeneinander. Das zu verfolgen, hat mir viel Spaß gemacht.

Und dann geht es natürlich auch noch um Annas Doppelleben. Aus heutiger Sicht kann man ja nur kopfschüttelnd vor Berichten aus der damaligen Zeit die Rolle der Frau betreffend stehen. Dass es Frauen untersagt war, Mediziner zu werden erscheint schier unglaublich! Was Anna alles auf sich nimmt, um ihrer Berufung nachkommen zu können, ist sehr mutig und bewundernswert. Täglich muss sie einen ungeheuren Aufwand betreiben, um ihre Maskerade durchzuziehen, immer in Furcht vor Entdeckung.

Eine starke Frau + ein bekannter Detektiv + ein abscheuliches Verbrechen + witzige Dialoge = absolut lesenswert! Zum Glück lässt das Ende des Buchs hoffen, dass Kronberg und Holmes noch häufiger gemeinsam ermitteln werden.