Rezension

Teufelsgrinsen

Teufelsgrinsen - Annelie Wendeberg

Teufelsgrinsen
von Annelie Wendeberg

Bewertet mit 4 Sternen

Die Handlung dieses Krimis spielt in London, Ende des 19. Jahrhunderts, als Dr. Anton Kronberg, ein angesehener Epidemiologe, zu einem Leichenfund gerufen wird. In einem Londoner Wasserwerk ist eine Leiche mit Anzeichen von Cholera angespült worden. Am Fundort der Leiche trifft Dr. Kronberg nicht nur auf Polizisten vom Scotland Yard, sondern auch auf einen weiteren Mann, der sich als Privatdetektiv Sherlock Holmes herausstellt.
Was Dr. Kronberg bisher vor allen anderen verbergen konnte, erkennt der Privatdetektiv binnen weniger Minuten: Dr. Anton Kronberg, ist nicht der, für den ihn alle halten! In Wahrheit versteckt sich hinter diesem die Deutsche Anna Kronberg, welche sich als Mann verkleidet, um den Beruf des Arztes ausüben zu können.
Hier beginnt die Zusammenarbeit zweier offensichtlich sehr scharfsinnigen Partner, denn Sherlock Holmes beginnt im Gegensatz zu den Beamten des Scotland Yard Interesse an diesem Fall zu zeigen. Was zunächst als Unfall erscheint, erweist sich als Mord. Die Leiche weist Fesselspuren und Einstichstellen auf, welche darauf hindeuten, dass das Opfer vorsätzlich mit Cholera infiziert wurde. Dieses Opfer führt Anna Kronberg und Sherlock Holmes auf die Spur einer skrupellosen Verschwörung innerhalb der Londoner Ärzteschaft.
Der Krimi "Teufelsgrinsen" ist wie ein Tagebuch (aus der Ich-Perspektive von Anna Kronberg) geschrieben und beginnt am Tag des Leichenfundes. Was mich dabei besonders beeindruckt hat, ist, dass Amelie Wendberg als Vorlage für Anna Kronberg eine wirkliche Person diente, deren Tagebücher sie auf dem Dachboden ihres Hauses fand. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Mensch Schicksalsschläge, wie im Buch beschrieben, erleben kann und dennoch den Mut und die Kraft hat, weiterhin an einer solchen Rolle festzuhalten. Daher ist es leicht nachzuvollziehen, warum diese Frau Amelie Wendberg, die eigentlich nie Bücher schreiben wollte, dazu inspirieren konnte dieses Buch zu verfassen.
Mir hat der Krimi „Teufelsgrinsen“ gut gefallen, wenngleich mir die Ausdrucksweise der Ich-Erzählerin nicht sehr zusagte. Von einer Frau aus dem 19. Jahrhundert würde man doch eine etwas altmodischere Redeweise erwarten. Oft macht die Ich-Erzählerin außerdem die meiner Meinung nach unpassende Bemerkung, sie sei ihrer Zeit voraus. Diese Aussage würde ich eher in einer Rückschau erwarten oder in der Beschreibung aus Sicht einer anderen Person, aber nicht in einem Tagebucheintrag.
Die Geschichte ist zunächst sehr spannend, in der Mitte des Buches ist sie jedoch etwas langatmig geschrieben, man fragt sich häufiger, welche Ziele die beiden Hauptpersonen Anna Kronberg und Sherlock Holmes gerade verfolgen. Das Ende des Krimis kommt dann allerdings etwas plötzlich und hätte meiner Meinung nach noch etwas mehr ausgeführt werden können. Der Krimi endet mit einem offenen Ende, welches Interesse auf weitere Fortsetzungen der Geschichte weckt.
Am besten hat mir der historische Bezug gefallen, man fühlt sich in ein dunkles London vergangener Zeiten versetzt und erlebt den Kampf einer Frau um Gleichberechtigung sehr eindrucksvoll mit. Sehr überzeugend war auch das Duo aus Anna Kronberg und Sherlock Holmes, welche durch ihre scharfsinnigen, intelligenten Charaktere eine sehr interessante Konstellation bilden. Mir erschließt sich jedoch nicht ganz, warum es sich bei dem Privatdetektiv um Sherlock Holmes handeln musste. Wahrscheinlich, um noch eindrücklicher ein Bild des damaligen Londons zu vermitteln und um sehr gezielt die Aufmerksamkeit auf dieses Buch zu lenken. Die Person des Sherlock Holmes ist nichtsdestotrotz sehr vielschichtig und interessant, genau wie Anna Kronberg.
Alles in allem, handelt es sich bei „Teufelsgrinsen“ um einen gelungenen Debütroman, den ich durch den historischen Bezug und das sehr interessante Ermittlerduo weiterempfehlen kann.