Rezension

Phantastisch

Tell
von Joachim B. Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Wilhelm Tell eigentlich ein Drama von Friedrich von Schiller. 1804 uraufgeführt wird es heute noch auf vielen Bühnen dargestellt. Das ist das Eine, das andere ist eine moderne Buchfassung. Das Thema das gleiche, der Freiheitskampf der Schweizer Bauern. Die unterdrückt, geknechtet, fast wie Sklaven gehalten wurden. 
Während bei Schiller der Tell ein strahlender Held ist und die anderen Figuren entweder ebenfalls heroisch oder nur grausam sind. Sind sie bei diesem Autoren vielschichtiger. Tell, zum Beispiel ist ein harter Mann geworden, durch das Leben in der Schweizer Bergwelt und eben diese Knechtschaft. Der Tyrann Gessler ist ein Mann der nach Anerkennung giert und im Grunde ein Mensch ohne Grundsätze und Halt ist.
Er hält sich wie Schiller an die Schweizer Geschichte. Die Darstellung ist ein spannender Thriller. Als Leserin erlebe ich hautnah die Grausamkeiten der Vögte und ihrer Untergebenen. Die Verzweiflung der Schweizer die in einem Aufstand mündet. Den Mut der Verzweiflung und das Vertrauen in einem einzelnen Mann. 
Tell ist und bleibt ob er nun will oder nicht die Leitfigur in einem Überlebenskampf der wenig Aussicht auf Erfolg hat. Denn ein Tyrann hält sich nicht an Versprechen, damals nicht und heute auch nicht.
Wilhelm Tell habe ich damals in der Schule gelesen, wie viele, es gehörte für mich zu den spannenderen Pflichtlektüren. Deshalb hat mich dieses Buch von Anfang an fasziniert. Kann man ein bekanntes, ja berühmtes Werk neu schreiben? Im Fall dieses Autoren ein eindeutiges Ja. Ich kannte ihn schon von einem anderem Buch. Sein Schreibstil geht tief in den einzelnen Menschen. Er beschreibt nicht nur Aussehen, Gedanken und Gefühle sondern auch die Empfindungen die andere in Bezug auf die Figur haben. Es geschieht nicht in der bekannten Art, es geht viel tiefer. Wenn der Junge denkt, der Vater ist hart und zieht den kleineren Bruder vor und gleichzeitig voller Respekt und Vertrauen in ihm ist, dann ist es diese Widersprüchlichkeit die ich als Leserin sofort verstanden und verinnerlicht habe. Tell wurde dadurch ein lebendiger Mensch der neben mir stand.