Tell - ein Pageturner
Bewertet mit 5 Sternen
Schillers Wilhelm Tell war für mich Pflichtlektüre in der Schule. Anhand des Werkes lernten wir den klassischen Dramenaufbau kennen. Im Geschichtsunterricht gab es zusätzlich die Fakten zum Stoff.
Ich bin sehr beeindruckt, was Autor Joachim B. Schmidt aus dem Stoff macht. Aus dem klassischen Drama von Schiller wird ein moderner Plot. Durch den ständigen Perspektivenwechsel sehr flott erzählt. Mal aus der Sicht von Sohn Walter, mal von der Mutter, mal von den vielen anderen Charakteren, selten von Wilhelm Tell selber. Er schafft es auch hervorragend den Leser mitten in die düstere Bergwelt der Schweiz im finstersten Mittelalter zu versetzen.
Schmidt fügt der bekannten Story neue Elemente hinzu und ändert Handlungsstränge etwas ab. So wird aus dem machtgierigen Vogt Gessler ein zaudernder und zögerlicher Landesherr. Dazu baut Schmidt dessen Gefolgsmann namens Harras ein, der sich das mit dem Hut grüßen ausgedacht hat, da er die Bevölkerung so sehr verachtet. Schmidts Tell ist eine moderne, vielstimmige und rasant erzählte Neuinterpretation der Schweizer Sage. Später in meiner Schulzeit kam noch die Lektüre von Max Frischs 'Wilhelm Tell für die Schule' dazu. Die Idee aus dem Stoff einen Thriller als Pageturner zu machen war genial und ist rundum gelungen. Das Buch von Joachim B. Schmidt darf nun bei mir zwischen Schiller und Frisch stehen...